Feuilleton.
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Sie Bettina nicht glücklich machen; vergessen Sie das nicht! Sie bekommen ein schönes und edles Weib, dessen Vorzüge Zu erkennen und Zn schätzen Ihre Aufgabe sein soll. Was das Geschäftliche betrifft," sagte er mit aus dem theatralischen Ton sinkender Stimme, „wird Bettina ans meinen Antrag sofort mündig erklärt und in Besitz des ihr bestimmten Vermögens gesetzt werden. Eine Jahresrente wird Sie Beide zudem vor jeder materiellen Sorge schützen. Gehen Sie, lieber Walbeck!"
Er wandte sich trauernd ab und schritt in sein Kabinet. Wieder um diese Zeit, da Walbeck seine Braut bei der Mutter suchte, hatte Bettina, eingedenk ihres Entschlusses, sich endlich ausgerichtet. Walbeck hörte eben alle die schönen Pläne der Baronin an, als Bettina sich vom Bettrand erhob.
„Genug der Thränen!" ries sie. „In wenigen Wochen bin ich ja Herrin meines Vermögens und meines Willens . . . wenn auch als Frau von Walbeck! Aber damit thnt sich die Welt vor mir aus, die schöne, große Welt, von der ich stets geträumt, und ist Walbeck nicht der Gott, der mich ihn vergessen machen kann, so falle Alles auf das Haupt Derer, die mich ihm opferten. Mag er dann aus den Scherben des von ihm geträumten Glücks seine Zukunft anfbauen und erkennen, was er so thöricht begehrt! Ich fühle es, mein Blut ist zu heiß, ich kann kein Weib sein,wie die anderen!"
Sie trat vor den Spiegel, um ihr Haar wieder zu ordnen, und wie sie dastand, in den eigenen Anblick versunken, öffneten sich plötzlich bei einer sie erschreckenden Wahrnehmung ihre Augen weit und starr.
„Wie sie mich heute anschaute, mich an sich preßte
Senil
Wsm Essen und Fr in Ken.
(Karlsbad.)
Von
Kart Böttcher.
Ein kleines Buch, das „Karlsbader Schlendertage" (Karlsbad, Feller) von seinem Verfasser, dem bekannten Feuilletonisten Karl Böttcher, betitelt wurde, bringt uns Bilder-aus dem Saisonleben dieses Weltbades, das mit der tiefsten, energischsten Heilkraft seiner Wasser den Reiz üppigster Natur und das Behagen österreichischer Gesellschaft verbindet. Der Verfasser hat feine reizenden Feuilletons dem größeren Leserkreis des Buchs gegenüber dem der Zeitung nicht entgehen lassen wollen, und er hat recht daran gethan; sie haben uns angenehme Unterhaltung und mancherlei Anregung verschafft. Ein kleines Blatt sei aus dem Büchlein hsrausgehoben.
Ha, welche Wonne, wenn des Tagewerkes erster Theil, das Trinken am Brunnen, beendet ist und die Pilgerfahrt nach den „Stationen" beginnen kann, wo der Müde ruhen und der Hungrige frühstücken darf! Wenn nicht die Seligkeit selber, 'so ist dieß doch ihr Vorgeschmack. Ich habe würdige Männer, gesetzte Leute in Ekstase geraihen sehen, wenn sie solch' ein Frühstück in Karlsbad schilderten. Sie vergaßen dabei die ganze Welt ringsum und hätten vor Entzücken gleich ein Rad schlagen mögen . . .
„Wer nie Kaffee mit Kipfeln atz Auf diesem klassischen Boden,
Begreift nicht die Poeten,
Die ihn besangen in Oden."
und schluchzend Thränen der Rührung weinte, mich, die sie aus der Treppe des armen Mannes aufgelesen! Und was kann ich ihr selbst heute Anderes geworden sein als das Bettelkind, das sie Beide in feine Kleider gesteckt, das sie mit moralischen Brocken aus hundert Büchern überfüttert, mit dem sie Parade machten, die Leute glauben lassend, ich sei ihr Kind. O, ich hab's nicht vergessen, wie er ihr einmal sagte, als sie unzufrieden mit mir waren: ,Fremdes Blut! Wußte uian denn, was in ihm stecke ?' Ja, ,fremdes Blut des gemeinen Mannes!' rief er, nnd als sie fort war, hätschelte und streichelte er mich wieder, das Kind des gemeinen Mannes/ und steckte mir einen kostbaren Ring an den Finger! . . . Und sie nun heute! Was wollte sie? Ich bin undankbar, ich weiß es! Braucht das Kind gemeiner Leute dankbar zu sein für das, was die Vornehmen um ihrer selbst willen thun? Mit Allem, was sie gethan zu haben glauben, sind sie nicht im Stande gewesen, mir auch nur ein Körnchen pon Anhänglichkeit an sie einzuflößen, und die arme Schlossersfrau, obgleich sie mir gar nichts Gutes erwiesen, ist mir heute noch lieber geblieben als sie, denn sie reichte mir ehrlich und gut das trockene Brod, ohne an mir herumzunSrgeln und mich zu martern; und daran mag wohl das gemeine Blut schuld sein . . .
„Was sie wohl Walbeck über meine Herkunft gesagt haben mögen? Ich werde ihm kein Hehl daraus machell. Und nie werde ich zu ihnen stehen, wenn ich erst sein Weib, wenn . . . Aber ich will ja nicht denken! Sie sollen mich heiter, gleichgültig sehen; nur Walbeck verlange nicht von mir, was ich ihm nimmer gewähren werde!" (Fortsetzung folgt.)
l e t o n.
Schon die Vorbereitungen zu diesen: Genüsse sind der Würdigkeit des Gegenstandes angemessen. Die guten Seelen, welche stundenlang in den Kolonnaden, über die Brücken und Straßen den Becher an: Bandelier trugen, in Hellen Haufen strömen sie jetzt-::: die Bäckerläden, um sich mit rothen, grünen, gelben oder blauen Futterbeuteln, welche Kipfeln, Kaisersemmeln und Potozkys bergen und einen gesegneten Appetit bekunden, genügend auszurüsten.
Dann geht es entweder direkt zu Pupp oder durch die Laubhallen der Pupp'fchen Allee das Teplufer entlang in den Posthos, in den Frcundschaftssaal, in den Kaiserpark. Andere wallfahrten nach Schönbrunn, nach dem Jägerhaus und den: Panorama. Nur Wenige bleiben in der Stadt zurück, wo namentlich der Elefant auf der Alten Wiese sich der besonderen Protektion erfreut.
Und nun das vielgepriesene Getränk selbst und feine verschiedenen Variationen. Man versuche nur, sich durchzutrinken, eine wahre Herkulesarbeit: schwarzer, gemischter, aufrechter, verkehrter Kapuziner — und wie die Schattirungen alle heißen mögen. Es bedarf beinahe mehrfacher, vollständiger Karlsbader Kuren, um das richtige Verständniß für all' diese Spezies zu gewinnen.
Kredenzt, besser vorgetragen wird dieses genial geschaffene Küchcnpoem von den sogenannten Kaffecmädchen, der Pepi, der Poldi, der Rest, der Emma, der Fanny, der Lina
Schaut nur einmal eine solche Elfe etwas genauer an.
Da ist beispielsweise die Kathi. Ein dralles Mädchen mit hübschen: Augenniederschlag, seingerundeter Büste und echtem Karlsbader Accent. Welch' herrliche Erscheinung, voll Stolz und Chik, eine lebendige Verkörperung ihrer anmuthigcn,