Heft 
(1885) 48
Seite
1129
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Viele des Gebens.

Roman

von

erger.

(Fortsetzung.)

Zweites Kapitel.

Aus Konstantin Kebcrwcg's Tagebuch.

eut endlich ein Brief des Kapi­täns. DieMeta" ist in Charleston angekommen. Ar­thur, der starrköpfige Knabe, schmollt und grollt noch immer;

^ jede Unterstützung von mir verschmäht er; allein will er im fremden Lande seinen Weg suchen. Mag er! Wer früh auf die eigene Kraft angewiesen ist, reist meist zu einem tüchtigen Manne heran. Es sieht Arthur ähnlich; so war er immer, in Spiel und Arbeit. Bei jeder Schwierigkeit, die er antras, machte er erst hundert Versuche, allein darüber hinwegzu­kommen, ehe er fremde Hülfe in Anspruch nahm.

Die Meta ist wieder Zu Hause angelangt. Traurig lautet der mündliche Bericht des Kapitäns über Arthur. Zu hassen glaubt er mich. Was glaubt die heißblütige Jugend nicht Alles! Sie hängt sich heute an diesen Freund, morgen an jenen, rennt heute leidenschaftlich aus eine Kirchthurmspitze los, morgen aus die andere. Hab' ich's nicht ebenso gemacht früher? Wenn uns der liebe Gott nur ausreichende Zeit zum Lernen gibt, so finden sich Vernunft und Beständigkeit. Gottes Mühlen mahlen langsam, aber sicher. Inzwischen verläuft die politische Bewegung in Deutschland wie ich voraus-

Deutsche Roman-Bibliothek. LII. 24.

sah: die Mittelparteien haben sich müde geschwatzt und treten verdrießlich beiseite; die Radikalen sehen sich der Macht der Herrscher gegenüber, die sich wieder auf sich selbst besonnen haben. Wie das Ende sein wird, ist nicht mehr zweifelhaft. Die ärgsten Schreier werden sich zuerst in Sicherheit bringen, in der Ferne weiterschimpfen und bald ver­schollen sein; die redlichen Schwärmer aber, die jungen, tapferen Leute, aus denen noch etwas werden könnte, werden entweder fallen oder von Staats­wegen in einer vergitterten Spinnstube untergebracht werden. Daß Gott erbarm'! Eins oder das Andere wär' auch Arthur's Loos gewesen.

Wieder ein eigensinniges, verdrehtes Köpfchen im Hause! Unsere gute, sanfte Meta wie kommt sie nur dazu, mit solcher Leidenschaft an einem Mann zu hängen, den sie in ihrer Pension doch nur in den Unterrichtsstunden gesehen haben wird. Sie, die Siebenzehnjährige! Es fehlte auch noch, daß man solch' unerfahrenes Ding sich schon binden ließe! Wenn's noch ein Mann in Position wäre, Einer, der ihr eine reelle Existenz zu bieten hätte! Aber ein junger Maler, der nebenbei Zeichenunterricht gibt, um nicht zu verhungern, der nichts hat als Aus­sichten, als Hoffnung es wäre nicht zu verant­worten, wenn wir eine solche Verbindung gestatteten. Armes Kind! Sie thnt mir leid; auch ihr muß ich zu ihrem Besten schroff und hart gegenübertreten. Friederike vollends ist außer sich über die Tochter;

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