Meine Gräber.
Kein Erbbegräbniß mich stolz erfreut,
Meine Gräber liegen weit zerstreut,
Weit zerstreut über Stadt und Land,
Aber all’ in märkischem Sand.
Verfallene Hügel, die Schwalben zieh’n,
Vorüber schlängelt sich der Rhin.
Ueber weiße Steine, zerbröckelt all’,
Blickt der alte Ruppiner Wall,
Die Buchen stehn, die Eidien rauschen,
Die Gräberbüsche Zwiesprach tauschen,
Und Haferfelder weit auf und ab —
Da ist meiner Mutter Grab.
Und ein andrer Platz, dem verbunden ich bin;
Berglehnen, die Oder fließt dran hin,
Zieht vorüber in trägem Lauf,
Gelbe Mummeln schwimmen darauf,
Am Ufer Werst und Schilf und Rohr,
Und am Abhang schimmern Kreuze hervor,
Auf eines fällt heller Sonnenschein —
Da hat mein Vater seinen Stein.
Der Dritte, seines Todes froh,
Liegt auf dem weiten Teltow-Plateau,
Dächer von Ziegel, Dächer von Schiefer,
Dann und wann eine Krüppelkiefer,
Ein stiller Graben die Wasserscheide,
Birken, hier und da eine Weide,
Zuletzt eine Pappel am Horizont —
Im Abendstrahle sie sich sonnt. —
Auf den Gräbern Blumen und Aschenkrüge,
Vorüber in Ferne rasseln die Züge,
Still bleibt das Grab und der Schläfer drin —
Der Wind, der Wind geht drüber hin . 12
Das dritte Motiv, das die letzten, neuesten Klänge des Buches durchzittert, hat nichts zu schaffen mit der Waffenfreude, der Entdeckerlust der anderen. Es ist mehr persönlicher Art, aber doch in seiner Weise auch noch typisch für einen ganzen Theil der Generation aus den letzten Jahren des alter Kaisers. Resignation ist sein Wesentliches. Sie ist nicht bitter, da es zum Theil die nothwendige Resignation des alternden Mannes ist, der die neue Zeit wohl noch heranwachsen sieht, aber bei aller Geistesfrische doch empfindet, daß er ihr nicht mehr eigentlich angehört. Von den großen, herben Gegensätzen, die diese Zeit schon zerklüfteten, bleibt der Lyriker Fontane fast unberührt. Er hatte der Stadt ihre Geschichte, ihre Umgebung vergoldet, sein Werk war gethan. Die neue gährende Lyrik’der eigentlichen Großstadt bewegt seine Saiten nicht mehr, die ungeheuren Contraste sind dem Denker zweifellos nicht fremd geblieben, der Dichter griff sie nicht mehr auf. Das Letzte, was er uns, allerdings meisterhaft, conservirt hat,
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