wir hätten ahnen können, daß der schöne Baum einige Jahre später gefällt werden mußte und daß zudem durch neue enge Gräber die Lage und Erreichbarkeit unserer Grabstätte arg beeinträchtigt werden würde. Bevor 1928 die französische Gemeinde entgegenkommenderweise nach Möglichkeit für eine Änderung sorgte, war in der Tat die letzte Bleibe des märkischen Wanderers nur schwer zu finden. Auch für mich mußte die Porträtbüste auf dem nahegelegenen Grab des Erfinders eines stenographischen Systems — Arends — immer eine Art Leitstern bilden. —“
Was die Zeitungsberichte über das Begräbnis des Dichters Fontane nicht erwähnten und auch Heinz Knobloch bei seinen Nachforschungen über die dabei offenbar fehlenden „hohen Herrn“ mit einem Fragezeichen versehen hat, läßt sich ergänzen. Der Chef des kaiserlichen Zivilkabinetts, Herr v. Lucanus, nahm an der Beerdigung teil, er hat zumindest dem Sohn Theo persönlich kondoliert und einen stattlichen Kranz überreicht, auf dem sich ein großes W in roten Blumen wirkungsvoll abhob. Über dieses Blumenarrangement machte sich der 11jährige Enkel des Dichters seine eigenen Gedanken. Zu Hause fragte er seinen Vater: „Und der große schöne Kranz mit dem W drauf, der war doch von Wertheim?“
Die Hauptleidtragende aber, die Frau des Dichters, war bei der Beisetzung ihres Mannes nicht anwesend. Ihre Kinder wollten ihr die große psychische und physische Belastung nicht zumuten. Wie verbrachte sie die Stunden, in denen die anderen auf dem Friedhof Abschied nahmen?
Von der durch mehrere Generationen mit der Familie Fontane herzlich verbundenen Frau Gertrud Schacht geb. Mengel erfahren wir Näheres. 4 Im Jahrbuch für die Brandenburgische Landesgeschichte hat sie über ihre Erinnerungen an Theodor Fontane berichtet. Sie war die Tochter von Metes Freundin Lise Witte, verheiratete Mengel, und die Enkelin von Fontanes Jugendfreund Friedrich Witte. Als Zögling des Berliner Luisenstifts durfte die 15jährige Gertrud die alten Fontanes sonntags häufig besuchen und hat mit hervorragender Beobachtungsgabe und Herzenswärme ihre Eindrücke vom glücklichen Privatleben dieses liebenswerten Ehepaares festgehalten. Sie war es auch, die Emilie Fontane am 24. September Gesellschaft leistete. Sie erinnerte sich:
„Am Tag der Beerdigung blieb ich allein bei Tante Fontane. Sie war als zu alt und ich als zu jung befunden, um mit auf den Friedhof zu fahren. Ihre Kinder hatten mir gesagt: ,Sei gut zu unserer Mutter“. Es lastete auf meiner Seele, wie ich das tun sollte. Die Aufgabe wurde mir abgenommen. Die alte Frau trat ins Zimmer und sagte: .Mein Kind, er hat auch dich sehr geliebt. Ich will dir seine schönsten Balladen vorlesen“. Und mit fester Stimme
las sie die Gedichte, die ihr die liebsten waren-eine mir unvergeßliche
Totenfeier... “
Anmerkungen
1 Heinz Knobloch: Berliner Fenster. Feuilletons. Halle-Leipzig: Mitteldeutscher Verlag 1981. 295 S. - Darin S. 256-292: Wanderungen zu Fontanes Grab (19781
2 g® 3 i^l^fg irlcl1 Fontane: wie mein Vater starb. - ln: Fontane-Blätter, H. 28 (1978),
3 Pastor Eugene Devaranne (1851-1923) gab Th. Fontane das letzte Geleit Mit Theologie 6 studiert.* 1 eodor F “ 3un ' 8«neta*m am College Royal Fraiga° ln BerUn
4 Jahrbuch für Brandenburgische Landesgeschichte, 2 ( 1951 ), s. 9 f.
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