Heft 
(1984) 37
Seite
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Rosse wie Reiter verstehn den Appell,

Ruft die Trompete, so sind sie zur Stell.

Ueber dreihundert hat man gezählt,

Rosse, zu denen der Reitersmann fehlt.

Ueber dreihundert, o blutige Schlacht,

Die so viel Sättel hat ledig gemacht!

Ueber dreihundert, o tapfere Schaar,

Wo bei vier Mann ein Gefallener war!

Ueber dreihundert, o ritterlich Thier,

Ohne den Reiter noch treu dem Panier!

Wenn ihr die Tapfern von Gravelotte nennt,

Denkt auch der Rosse vom Leibregiment! 30

Im Mittelpunkt dieses Gedichts steht das Bild der reiterlosen Pferde, die auf das Trompetensignal reagieren und sich neben den noch berittenen Pferden sammeln. So könnte ein sensibler Dichter auf die im Kavallerie­angriff erlittenen Verluste hinweisen; aber das ist keineswegs die Absicht Geroks. Ohne jegliche Ironie stellt er einen direkten Vergleich zwischen den Pferden und ihren Reitern auf, das heißt zwischen dem Benehmen von dressierten Tieren und der Tapferkeit von Soldaten. Der Aufruf, mit welchem das Gedicht schließt, hat sein durchaus ironisches Gegenstück in Fontanes späterem Roman, Quitt, wo der ,Uber-Preuße, Kaulbars, genau denselben Vergleich zwischen Menschen und Tieren macht: aufs Dienen kommt es an und jeder muß mal Rekrut gewesen sein und muß die Honneurs gelernt haben und muß die Signale gelernt haben. Und das ist gewiß, wenn der Hornist blies und war das Signal von der fünften Kompagnie, da gab es ein Ohrenspitzen wie r n Kavalleriepferd und mitten im Schlaf. Und wenn dann der alte Obrist von Unruh mit seiner Krähstimme kommandierte: ,Präsentiert das Gewehr! und dann der Prinz, unser Prinz, die Front abschritt und die Spielleute spielten und wir mit ,Augen rechts dastanden wie die Puppen, und ich sag Ihnen [... ] was für Puppen, ja das hätten Sie sehen sollen, das hatte so seine Art, das war ein Vergnügen, und wenn der Prinz dann sagte: ,Ja, das sind meine Vierundzwanziger; Kinder, wenn ich Soldaten sehen will, dann seh ich mir die Vierundzwanziger an; es lebe der Kaiser, ja [...] das war was, das kommt vons ,Dienen und Gehorchenkönnen und von der Strammheit und der Proprete. 31

Eigentlich schließt Fontanes Bericht über die Erstürmung von St Privat nicht dort, wo wir oben abgebrochen haben, sondern es folgt eine Anek­dote, die auf Augenzeugenberichten beruht; und damit sind wir beim dritten Beispiel eines Vergleichs zwischen (Uber-)Menschen und (Herden-) Tieren:

Ein anekdotischer Zug sagt [... ] mehr als alles Andere. Hinter der Front unserer vorgehenden Bataillone, zwischen diesen und St Marie, weidete eine 100 Haupt starke Schafherde. Als der Abend hereinbrach, lag auch diese todt auf dem Felde.

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