fürstenstraße, mitten im Herzen Berlins, erstreckte, fügen sich die Ereignisse der einfachen Handlung in einen Plan, über dem wir den klaren, nachsichtig umfassenden Blick eines unparteiischen Erzählers ruhen fühlen. In den letzten Kapiteln gewinnen jenes Licht der Dämmerung, das morgendliche Zwitschern der Schwalben in einem zeitlosen Frühling, und insbesondere die gelassene Unterhaltung zwischen Botho und Käthe, als nunmehr alle Gegebenheiten ihrer Existenz sich in einer unwiderruflichen Ordnung zusammengefügt haben, für die Leser den Zauber von Ereignissen, die genau in dem Moment aufgefangen und wiedergeben werden, in dem sie in die Vergangenheit versinken, gerade so, als verharrten sie für einen Augenblick in ihrem abgleitenden Flug — noch beschreibbar in ihren unbedeutenden Einzelheiten und doch schon unwiederbringlich wie eine längst vergangene geologische Formation. In den individuellen Schicksalen spiegelt sich der Untergang des alten Preußen, das sich noch steif aufrecht hält und doch schon abgestorben ist, mit allem, was es an Schlechtem und Gutem besaß. Dem alten Fontane geht es nicht mehr darum zu verurteilen, sondern um das unnachsichtige epische Empfinden dieses Todes, ein Gefühl jenseits von Nostalgie und Ressentiment. Unwiederbringlich lautet der lapidare Titel eines seiner letzten Romane, es ist das Schlüsselwort für Fontanes ganzes Werk.
Anmerkung
l Theodor Fontane: Errore e passione. Prefazione e note dl Guiseppe Bevilaqua. Traduzlone dl Ervlno Pocar. — Milano: Rlzzoli Editore 1982 (207 S.).
Derek Bowman (Edinburgh)
„Unser Herz hat Platz für allerlei Widersprüche.“
Aspekte von Liebe und sexueller Gier in Fontanes Roman „Irrungen, Wirrungen “. 1
„Wer hat jetzt Lust und Fähigkeit, auf die hundert und, ich kann dreist sagen, auf die tausend Finessen zu achten, die ich dieser von mir besonders geliebten Arbeit mit auf den Lebensweg gegeben habe .“ 2 Normalerweise spricht der bescheidene Fontane nicht so zuversichtlich von seinen „Novellen“, wie er seine Geschichten gewöhnlich nannte, aber von einer besonderen Vorliebe für „Irrungen, Wirrungen“ ermutigt, lenkt er selbst unsre Aufmerksamkeit auf die unzähligen Feinheiten dieser schönen Schöpfung seiner reifen Jahre. Dieser Aufsatz versucht, einer Anzahl Andeutungen, Bilder und Symbole nachzuspüren, die sich das ganze Werk hindurch verzweigen und einander auf subtiler Weise beleben, besonders im Hinblick auf eines der wichtigsten menschlichen Themen, Liebe und sexuelle Gier.
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