mel klärte sich wieder, und die Sterne traten immer blitzender hervor . 61
Die ist oberflächlich betrachtet eine realistische Schilderung dessen, was geschieht, wenn der Wind sich von Süden oder Westen nach Osten dreht. Der Erwähnung des Ostwindes liegt jedoch ein Hinweis auf das bitterkalte russische Wetter zugrunde, das die Franzosen in erster Linie zurücktrieb, und sie weist auf die anhaltende Kälte voraus, die Lewin’s Entkommen durch einen Sprung in tiefen Schnee möglich macht. Hier symbolisieren die Sterne Erregung, große Hoffnungen auf die Zukunft, intensives inneres Erleben bei allen Beteiligten, und sie erwecken auch die Vorstellung von Schicksal oder göttlicher Gnade als notwendiger Begleiterscheinung des Erfolges. Am Abend des Angriffs selbst stehen die Zeichen weniger günstig, und im Kapitel „Überfall“ wird uns fast als erstes mitgeteilt, daß die Sterne fort sind:
Einzelne Sterne, kaum hervorgekommen, hatten sich ebenso rasch wieder versteckt . 62
Der schwache Hoffnungsschimmer ist erloschen. Der Lauf der Handlung wird mit einigen kurzen Worten metaphorisch vorweggenommen. Der schmähliche Rückzug am nächsten Morgen findet in dichtem grauen Nebel statt. So entwickelt Fontane gewandt seine Naturbeschreibungen, so daß sie die Handlung im menschlichen Bereich widerspiegeln, ankündigen oder kommentieren. Besonders unaufdringlich und zartfühlend vermeidet er jegliche Sentimentalität in der Szene, in der Geheimrat Ladalinski seines Sohnes Leiche besucht. Als Ladalinski die Kirche mit Kubalke verläßt, kommentiert Fontane:
Es war dunkler geworden, die letzten Sterne fort ... 63 und kraft der bereits vorhandenen Bezüge, drücken diese Worte in aller Knappheit das Fehlen jeglicher Zukunftshoffnungen im Leben des alten Mannes aus.
Wir haben bereits festgestellt, daß das Sternmotiv häufig den Gemütszustand eines Charakters widerspiegelt. Es ist eng mit persönlichen Gefühlen verbunden, wie es mit Fontanes eigenen Erfahrungen als Kind der Fall war. Dies trifft eindeutig auf Unwiederbringlich zu, als Holk auf der Flucht vor der bedrückenden Atmosphäre zu Hause im Hafen von Kopenhagen ankommt:
Holk stand auf Deck und genoß eines herrlichen Anblickes; über ihn funkelten die Sterne in fast schon winterlicher Klarheit, und mit ihnen zugleich spiegelten sich die Uferlichter in der schimmernden Wasserfläche . 64
In diesem Zusammenhang werden die Sterne mit Holks freudiger Erwartung assoziiert. Jeglicher Hinweis auf eine transzendentale Dimension fehlt hier. Die Tatsache, daß zwischen den Sternen und den Uferlichtern eine Parallele hergestellt wird zeigt, daß Holks Hoffnungen für die Zukunft unter den Uferlichtern in der Wirklichkeit dänischen Hoflebens liegen. Die Assoziation der Sterne mit seinem Gemütszustand wird gegen Ende des Romans noch ausdrücklicher hergestellt. Nach dem Bruch mit Christine
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