ist er von Holkenäs geflüchtet. Die aufgehenden Sterne über Flensburg gehen einher mit seinem Gefühl der Erleichterung und tragen dazu bei, daß es sich festigt:
... aber nicht lange, so zogen im winterlichen Glanze die Sterne herauf und spiegelten sich auf der weiten Wasserfläche. [Ein Anklang an den oben zitierten Abschnitt — H. E. C.] Holk fühlte wie der auf ihn lastende Drude von Minute zu Minute geringer ward, und wenn er sich auch nach wie vor keineswegs in einem Zustand von Seelenruhe befand, so galt das, was ihm von Unruhe verblieb, doch mehr der Zukunft, als der Vergangenheit und hatte vorwiegend den Charakter einer gewissen erwartungsvollen Erregung . 65
Dieser Abschnitt erinnert an die Beschreibungen von Lewins Reaktion auf das Licht der Sterne, und der Ausdruck erwartungsvolle Erregung* verdeutlicht eine der häufig wiederkehrenden Assoziationen mit dem Sternmotiv.
Wesentlich gedämpfter, aber ebenso charakteristisch und subjektiv sind die Assoziationen der Heldinnen in Irrungen, Wirrungen und Effi Briest, die in den Sternen ein Versprechen oder eine Möglichkeit inneren Friedens sehen . 66 Wie in Unwiederbringlich bewirkt der Anblick der Sterne ein Gefühl von Trost und Erleichterung. Es wird deutlich, daß die Sehnsucht für Effi und Lene weder ein negativer Todeswunsch ist noch ein konventionelles christliches Verlangen nach dem Leben nach dem Tode. Es ist eine tiefempfundene menschliche Sehnsucht nach Frieden, nach einem Dasein jenseits aller gesellschaftlichen Beschränkungen und künstlichen Konventionen, die gemeinsam Frieden und Glück in ihrem Leben in der menschlichen Gesellschaft unmöglich machen. Die Sterne stellen für sie eine höhere Ordnung der Natur dar, wo sie sie selbst sein könnten, ohne die in ihren Augen letztlich unbedeutenden gesellschaftlichen Kräfte, denen sie im wirklichen Leben unterworfen sind.
In Schach von Wuthenow finden sich einige interessante Variationen der oben erörterten Themen. Wie an anderer Stelle verwendet Fontane Sterne hier auf direkte sprichwortartige Weise in der Bedeutung von Schicksal: Armer Schach! Es war anders in den Sternen geschrieben . 67
Es ist bezeichnend, daß die Sterne in einer jener Naturbeschreibungen Fontanes, die scheinbar neutral und objektiv sind, nicht Vorkommen. Als Schach von dem Ausflug nach Tempelhof zurückkehrt, nachdem er unritterlicherweise die entstellte Victoire durch ihre schöne Mutter als seinen Partner für den Auftritt in der Öffentlichkeit ersetzt, beschreibt Fontane eine nächtliche Fahrt, bei der das Fehlen der Sterne auffällt:
... nur die beiden Gensdarmentürme ragten noch mit ihren Kuppeln aus dem graublauen Nebel empor . 68
Eine realistische Beschreibung, der jedoch der subtile Hinweis auf das Fehlen positiver Aussichten für die Zukunft der Beziehungen der Betroffenen zugrundeliegt. Es ist von Bedeutung, daß nichts weiter als eine von Menschen geschaffene Einrichtung zu sehen ist, eine Anspielung auf das Regiment, dessen Ethos letzten Endes Schachs Verhalten bestimmen wird.
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