Fontane mittels Maßnahmen, welche - wie der Brief Fontanes an seinen Sohn Theodor vom 9. 5. 1888 zeigt 32 - dessen uneingeschränkte Gutheißung und Anerkennung fanden: „...ich verdanke meine verbesserte Stellung oder doch mein momentanes Ansehn im deutschen Dichterwald zu größrem Teile den .Zwanglosen“. Die Jugend hat midi auf ihren Schild erhoben, ein Ereignis, das zu erleben ich nicht mehr erwartet hatte.“ Vorliegende Briefe ergänzen somit in vielen Details Kühns karge Angaben zu diesem Zeitabschnitt: „Mauthner preist Fontane nicht nur in zahlreichen Rezensionen, er schickt ihm zum 70. Geburtstag auch ein Preisgedicht . .. und veröffentlicht Paul Heyses Fontane-Hymnus in seiner Zeitschrift Deutschland.“ 33
Ebenfalls in diesem Zusammenhang gehört der Vorabdruck von Fontanes Roman Stine (der nach der Erfahrung mit Irrungen, Wirrungen von der Vossischen Zeitung abgelehnt worden war) in Mauthners neuer Wochenschrift Deutschland (ab Oktober 1889) 3 ' 1 , auf den, wegen der Mittlerrolle Mauthners, hingewiesen werden muß, wie auch auf weitere Beiträge Fontanes zu dieser Zeitschrift (,Nante Strümp“; .Wilhelm Gentz“) 35 und zum Magazin für Litteratur (,Die gesellschaftliche Stellung der Schriftsteller“) 311 , wobei gleichzeitig Mauthners wichtige Rezensionen und Artikel über Fontanes Gedichte 37 , Quitt 38 , die Verleihung des .Schillerpreises“ an Fontane und Klaus Groth (1891) 39 , Unwiederbringlich '*°, Effi Briest’ 11 , Die Pog- genpuhls'“- und Von Zwanzig bis Dreißig’“ 3 Erwähnung finden sollten.
Vorliegende Briefsammlung trägt somit dazu bei, ein, wenn auch nicht grundsätzlich neues und anderes, so doch differenzierteres Bild von Mauthners Beziehungen zu Fontane entstehen zu lassen: einerseits das Bild eines voll assimilierten, deutsch-national denkenden, im Zentrum des Berliner Kulturlebens stehenden jüdischen Intellektuellen, der sich seinem Briefpartner gegenüber freundlich, taktvoll, schmeichelhaft, gelegentlich jedoch auch offen, direkt und kritisch äußerte, andererseits das eines prominenten Schriftstellers, der, gelegentlich nicht weniger kritisch, nichtsdestoweniger seine Meinung vom Kritiker-Kollegen allmählich änderte und dessen kollegiale Worte und freundliche Einladungen beweisen, daß Mauthner in den 1890er Jahren zu seinem Freundeskreis zählte 4 '*, eine Behauptung, die ihre Bestätigung in zahlreichen überaus positiven Beurteilungen von Romanen (so z. B. Xanthippe'“ 3 , Der letzte Deutsche von Blatna 45 und Die Fanfare 1 “ 7 ) und Kritiken Mauthners'* 8 findet, die keineswegs immer als bloß taktvolle Äußerungen dem Briefpartner gegenüber zu werten sind, da Fontane gelegentlich auch strenges Gericht halten konnte, wie etwa an Mauthners satirischer Schrift Schmock 49 und an einzelnen Beiträgen Mauthners in Deutschland™, ganz abgesehen von prinzipiellen Einwänden an der Gesamtkonzeption dieser Zeitschrift unter Mauthners Redaktion. 51
Insgesamt zeigen jedoch Fontanes kritische Beobachtungen - gerade Mauthner gegenüber - zu bedeutenden Zeitgenossen und wichtigen kon- temporären Themen, Publikationen und Theateraufführungen (wie z. B. den Inszenierungen der .Freien Bühne“ 52 , der Streitschrift Gustav Freytags über Kaiser Friedrich III. 53 , der Lindau-Affäre 54 , Bismarcks Abdankung 55 ,