Heft 
(1984) 38
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Wesen zu fassen und die Entwicklung desselben in eine bestimmte Riditung zu schieben Schon der Zucht des Denkens widerstrebte die spröde Natur auf das äußerste' Der von frühester Jugend an allen Fürstenkindern zuströmende Über­fluß von Vorstellungen und Empfindungen hat leicht eine gewisse Zerfahrenheit im Denken und Blasirthelt im Fühlen zur Folge. Die Bekämpfung eines sollen unheilvollen Mangels an Konzentrationsfähigkeit ist überall eine der wichtigsten Aufgaben der Prinzenerziehung. Diese war bei solcher an sich so spröden Natur schwer zu lösen (S. 5); und an anderer Stelle schreibt Hinzpeter: -Dur* eine Verletzung bei der Geburt . .. war seine physische und psychische Entwick­lung ein ganz 8 eigentümliches Hindernis bereitet, welches zu beseitigen alle Kunst und Sorgfalt unfähig bleiben mußten, wenn nicht das Kind sdion in ungewöhnlicher Energie des Willens dabei mitwirkte. Es galt. «las natürliche Gefühl körperlicher Unbeholfenheit und der damit unvermeidlich verbundenen Zagheit zu überwinden. (S. 10);Dr. Georg Hinzpeter war 39 Jahre alt. als er sein Amt als Prinzenerzieher antrat. Wie ist das modern eingestellte Kron­prinzenpaar nur auf diesen Mann gekommen? Calvinist. Systematiker. PädaRoge aus Leidenschaft, geistig ganz in Sparta beheimatet, weit weg von Athen, absolut humorlos, aber sarkastisch, das Schreckbild eines Hofmeisters alter Schule (in Friedrich Hartau; Wilhelm II. in Selbstzeugnissen und Bilddoku­menten [Reinbek: Rowohlt [rm 264) 1978). S. 19): Virginia Cowles: Wilhelm II. Der letzte deutsche Kaiser (Frankf. a. M.: Heyne [Heyne Biographien 26|. 2. Aufl.. 1978) bestätigt dieses vernichtende Urteil: ..Zu Wilhelms Hauslehrer bestimmte sie [die Kronprinzessin victoria/die Hrsg.) einen starren und unbeugsamen calvinistischen Schulmeister namens Georg Hinzpeter. Dieser freudlose Mensch huldigte spartanischen Vorstellungen von Pflichterfüllung und Entsagung. Alles, was nach Vergnügen aussah. galt ihm als schädlich für den Charakter. Wilhelms Bruder Heinrich mußte bald am Unterricht teilnehmen. Die beiden Jungen hielten sich für kaum etwas Besseres als Gefangene. (S. 27), und auf S. 40 fügt

die Biographin diesem hinzu: .Hinzpeter war nicht der rechte Mann, um

mit Prinz Wilhelms Arroganz fertigzuwerden. Er war schwerfällig und phanta­sielos, ihm ging der Humor ab, mit dessen Hilfe er vielleicht dem Dünkel hätte zu Leibe gehen können. Hinzpeter neigte dazu, selbst die unbedeutendsten Dinge mit lächerlicher Feierlichkeit zu behandeln. In Aus meinem Leben (Leipzig: 1927; zit. nach Tyler Whittle, S. 44-5) zeigte sich Wilhelm durchaus dankbar für alles, was Hinzpeter für ihn getan hatte.Zugleich aber beschreibt er hier die drängende Willenanspannung, mit der dieser Lehrer ihn zwang, ein guter Reiter zu werden . .. Die größte Anspannung lag freilich darin, daß über die Lippen dieses Erziehers niemals ein Wort des Lobes kam. Nie leuchteten seine grüngefleckten Augen mit ermutigender Wärme auf ... ein Wort der Anerken­nung gab es nicht.

Carl Salzmann (1847-1923). Maler, bes. von Seelandschaften (vgl. dazu Fontanes Brief an Erich Sello vom 26. 8. 1898 [HA, IV, Nr. 861, 742)): er begleitete Wil­helm II. im Sommer 1888 nach Petersburg (vgl. Ludwig Pietsch: .Aus den Tagen der Kaiserzusammenkunft' in VZ Nr. 343 vom 21. 7. 1888) und im Sommer 1889 auf dessen jährliche Sommerkreuzfahrt vor die norwegische Westküste; vgl. dazu Kaiser Wilhelm II. Aus meinem Leben 1859-1888 (Berlin/Leipzig: Koehler 1927). worin der ehemalige Kaiser zu berichten weiß:Im Jahre 1884 wurde endlich ein alter Wunsch erfüllt, den mir die Liebe zur See und zur Marine eingegeben hatte: Seebilder malen zu lernen. Der junge Maler Karl Sattzmann .. . hatte die Aufmerksamkeit meiner Mutter durch sein prachtvolles Bild, das die Einfahrt des Kolberger Hafens im Sturm darstellte, auf sich gelenkt; sie bewirkte dessen Ankauf durch meinen Großvater . . . Als mein Bruder seine zweijährige Welt­reise an Bord S.M.S. .Prinz Adalbert' antrat, veranlaßte meine Mutter, daß Saltzmann ihn begleitete. Er brachte auch reiches Material an Skizzen. Zeich­nungen und Bildern mit zurück . . . Auf den späteren alljährlichen Sommerreisen nach dem Norden war Saltzmann mir stets ein treuer, lustiger Begleiter der die gesamte Reisegesellschaft durch seine Scherze zu unterhalten wußte, ohne dank seines ungemein liebenswürdigen und feinen Herzenstaktes Jemals verletzend Zl1 ' I* habe auf einer Nordlandfahrt einmal eines Abends von 9 bis

11 Uhr auf dem Heck meiner Yacht neben ihm gesessen und die Gewandheit d | r er dei } Fjord ' in dem wlr oh leerten, mit seinen ihn umgebenden gewaltigen Bergen in zwei Stunden in öl auf die Leinwand '. ( 271 ~J 2 > vgl. dazu auch die Illustrationen von Saltzmann ln dem von

Adalbert von Hanstein herausgegebenen Band Kaiser Wilhelms II. Nord- und Südlandfahrten (Berlin: Deutsch-Nationaler vig. 18 B 9 ).

Obige Reise hat auch die Lofoten-Inseln mit eingeschlossen (vgl dazu die Be­richterstattung von Paul Güßfeldt [1840-1920] Kaiser Wilhelms II ReUen nach Norwegen in den Jahren 1889 und 1890 [Berlin 18901 Kao U s 114 -M und des s a 23 e 8-39L gene Anmerkungen zu dlesen Helsen Inkus^elnem LeVen, 7lo,

238 Es war allgemein bekannt, daß Bismarck seine Mitarbeiter (Moritz Rnsrh Horst Kohl und Heinrich von Poschinger an der Spitze) ununte^

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