265 Bei den Decknamen der drei .Rütlionen“ (Charaktere aus Schillers Wilhelm Teil) — Rösselmann und Walther Fürst waren Landsleute aus Uri; Hans auf der Mauer war Landsmann aus dem Kanton Schw’yz — muß es sich um die um 1889 (außer Fontane selbst) allein noch regelmäßig an den Treffen teilnehmenden Mitglieder gehandelt haben, d. h. Karl Eggers, Moritz Lazarus und Karl Zöllner. Rösselmann war Pfarrer, und da Lazarus den Beinamen ,der Schönefelder Pastor“ trug (vgl. Brief an Zöllner vom 18. 9. 1894 [Propyläen, IV, Nr. 829, 127 und 392 [Anm.J]), ist anzunehmen, daß er gemeint war; über Zöllner heißt es in der Einführung zum Briefwechsel mit Fontane (Propyläen. JV, 366): „Karl Zöllner war Mitglied der geselligen Vereinigungen Ellora und Rütli .. . [er] hatte den Beinamen .Chevalier“, der seinem liebenswürdigen, ritterlichen Wesen Ausdruck verlieh. F. nennt ihn in .Von Zwanzig bis Dreißig“ .. . einen guten Gesellschafter, und Moritz Lazarus spricht von seiner weltmännischen Gewandtheit, der Feinfühligkeit seiner Seele und seinem Humor. Lazarus erwähnt auch seine drollige Redeweise . .. “ Lazarus war Philosophie-Professor an der Berliner Universität und Völkerpsychologe (Fontane nennt ihn den .Rütli-Philosophen“ [Propyläen, IV, Nr. 802. 98 vom 3. 9. 18881); er war außerdem ein hervorragender Redner, der oft öffentliche Vorträge hielt. Interessante Einzelheiten zum .Rütli“ und seinen Mitgliedern bieten u. a. Lazarus’ Memoiren (Nahida Lazarus/Alfred Leicht [Hrsg.] : Moritz Lazarus’ Lebenserinnerungen [Berlin: G. Reimer 1906], S. 577-621); besonders die dortigen Charakter-Porträts sind aufschlußreich: demnach war Lazarus „die Seele des Rütli“ (S. 595), welches ein kümmerliches Dasein fristete, wenn er nicht anwesend war; Karl Eggers wird als ein stattlicher Mann geschildert, „schlicht in Wesen und Erscheinung, tiefer und genauer in vielen Dingen der Kunst und des Lebens“, der sich durch persönlichen Mut und körperliche Gewandtheit auszeichnete (S. 607). andererseits allerdings redefaul war und zur Nachdenklichkeit neigte (S. 388); Karl Zöllner — dem humoristisch-liebenswür- dige Rede- und Umgangsformen bescheinigt werden (S. 384) - galt als sehr gebildet, mit großem Taktgefühl begabt: „Nachsichtig gegen andere, von sich selbst viel fordernd, ln Gesinnung fest, geduldig in Trübsal, nicht durch Äußerlichkeiten beeinflußt, sondern auf den Kern der Dinge und der Menschen schauend ..." (S. 618). Bestätigt werden einige dieser Angaben auch von Wilhelm Lübke ln dessen Lebenserinnerungen (Berlin: F. Fontane 1891) - Lazarus wird als .geistvoll“ charakterisiert, Karl Zöllner als ..mit sprühendem Humor“ begabt (S. 186). Insgesamt gesehen wird daher bei Hans auf der Mauer Karl Eggers gemeint sein, bei Rösselmann Lazarus und bei Walther Fürst Karl Zöllner.
266 Vgl. Anm. 260 zu Brief Nr. 25 vom 8. 11. 1889.
207 Schloß Friedrichskron in Potsdam (= Neues Palais; vgl. Friedrich J. Wörner: Burgen, Schlösser und Bauwerke der Hohenzollern in 900 Jahren [Moers: Steiger 1981], S. 235 f; durch besondere Kabinettsorder Friedrichs in „Friedrichskron“ umgetauft; vgl. Eugen Wölbe: Kaiser Friedrich. Die Tragödie des Übergangenen [Hellerau b. Dresden: Avalun 1931], S. 279) war das Kronprinzenpalais bis März 1888 der Lieblingssitz Friedrichs in.; es war hier, wo er am 15. Juni 1888 verschied (bzgl. zeitgenössischer Einzelheiten vgl. Das Echo 12 [1888], 303, S. 783-84 [vom 21. 6. 1888]; vgl. ferner Hans Delbrück: .Persönliche Erinnerungen an den Kaiser Friedrich und sein Haus“, Preußische Jahrbücher 62 [Aug. 1888], H. 2, S. 97 [auch Separatdruck]).
268
269
Vgl. dazu einen anonymen Beitrag in der VZ Nr. 526 vom 9. 11. 1889 (Abendausgabe), worin „jemand, welcher der Umgebung der Kaiserin Friedrich sehr nahe kam“ zitiert wird; abschließend heißt es in diesem Artikel: „Kaiserin Friedrich hat, so verlautet, den Freytagschen Erinnerungen das Motto vorausgesetzt: .Es liebt die Welt, das Strahlende zu schwärzen und das Erhabene in den Staub zu ziehen.“ Ich traure nicht; es giebt noch edle Herzen, die für den hohen, seltenen Mann erglühen.“ Vgl. auch Fontanes Brief an Wilhelm Hertz vom 10. 11. 1889 (Nr. 483. S. 321), worin es u. a. heißt: „Die rührenden Worte der Kaiserin Friedrich, werden, glaub ich, die Wirkung haben, den Streit beizulegen; es ist danach nicht mehr viel zu sagen. Hat es Freytag in diesem Punkte versehen, so thut er mir leid.“ Vgl. dazu ferner die Anm. zu diesem Brief in Otto Pniower/Paul Schlenther [Hrsg.]: Theodor Fontane. Briefe an seine Freunde, Bd. 2 (Berlin: S. Fischer 1909), S. 224: „Das Abendblatt der .Vossischen Zeitung“ vom 9. November 1889 brachte anscheinend authentische Äußerungen der Kaiserin Friedrich über die Freytagsche Schrift, in denen sie entgegen dem Verfasser die Selbständigkeit und Entschlußfreiheit ihres Gatten rühmte und betonte, daß er sie stets mit dem ihm eigenen hochfliegenden Geist zu seinem Ideale emporgehoben habe.“ In einer der vielen Entgegnungsschriften zu Freytags, nämlich der von einem anonymen Preußen: Ist das Kaiser Friedrich? (Leipzig: W. Friedrich 1890), wird auf S. 19 aus dieser Zeitungsausgabe - ,,]ene[m] bisher unwidersprochen gebliebene [n] Artikel“ - auszugsweise zitiert.
Vgl. hierzu Freytags Berichte von der Pressereaktion (vgl. Nr. 25, Anm. 251 und 259) an seine Frau vom 4. 11. 1889 (S. 331) bzw. 7. 11. 1889 (S. 335); der „Preß-