spiegeln sich wider in denen des weltgewandten früheren Diplomaten, des Grafen Barby. Der Tod des alten Stechlin bedeutet nicht notwendigerweise das Ende der alten Ordnung, oder dessen, was daran erhaltenswert war. Der junge Woldemar von Stechlin und die zuverlässige Armgard können wohl nicht nur den Namen Stechlin weiterführen, sondern auch die Tugenden des Alten: Unabhängigkeit, Ehrlichkeit. Liebe und Pflichtgefühl. Hinzu kommt noch das Verantwortungsgefühl gegenüber der Gemeinschaft, daß Lorenzen in Woldemar wachgerufen hat und welches Armgard durch ihren zum Teil schweizerischen Hintergrund und ihre Erziehung in England schon besitzt.'
Walter Keitel deutet darauf hin, daß der Name des Kunstprofessors Cujacius von dem bekannten französischen Juristen des sechzehnten Jahrhunderts herstammen mochte (V, 953). Mir scheint es eher wahrscheinlich, daß Fontane den Namen aus Heines Harzreise aufgeflscht habe, wo Cujacius unter den Göttinger Professoren genannt wird, obgleich „manche noch gar keinen Namen haben" (Kap. I). In Heines Traum (oder Nachtmahr) von Göttingen begleitet der geheime Justizrat Cujacius die Riesenfrau Themis, die mit Schwert und Waagschale die Gerechtigkeit symbolisiert. Für den Leser, der des Hinweises auf Heine gewahr wird, werden die ironischen Züge der Fontaneschen Cujacius-Gestalt erhöht.
Nach seiner Rückkehr von seiner „Mission“ nach England lernt Woldemar Professor Cujacius bei den Barbys kennen, und diesem drückt er sein Bedauern darüber aus, daß er die Werke der Präraffaeliten in England versäumt habe (V, 237). Der Malerprofessor lacht höhnisch, indem er diese Kunstbewegung verschmäht: „Ein überwundener Standpunkt“; und dann fährt er fort, eine Ausnahme im Fall Millais zu finden (hier wollen wir die Verlegenheit Woldemars übergehen, der den französischen Millet mit dem englischen Millais verwechselt hat):
Denn das Präraffaeliten tum ... trug damals einen Zukunftskeim in sich; eine große Revolution schien sich anbahnen zu wollen, jene große Revolution, die Rückkehr heißt. Oder wenn Sie wollen Reaktion. Man hat vor solchen Worten nicht zu erschrecken. Wörter sind Kinderklappen... Er und seine Schule verfielen in Exzentrizitäten. Die Zucht ging verloren, und das straft sich auf jedem Gebiet... Es gibt nur ein Heil: Umkehr, Rückkehr zur keuschen Linie... denn mit den richtigen Linien in der Kunst sind auch die richtigen Formen in der Gesellschaft verloren gegangen. (V, 238—9)
Hier stehen wir am Kern des Romans: beim Problem von „alt und neu“, erfolgreicher oder mißglückter Anpassung an eine neue Epoche. Auf einem Niveau scheinen also die Worte Cujacius’ auf das moralische und politische Thema hinzuweisen. Jedoch, nachdem Cujacius sich verabschiedet hat. teilt Melusine Woldemar mit, daß, obwohl sogar seine Feinde zugeben, daß Cujacius „ein hübsches Talent habe“, etwas Problematisches dieses „Talent“ und diese „Tradition“ umwitterte:
Einer seiner Richtungsgenossen ... fragte mich erst neulich voll ironischer Teilnahme: „Steht denn Ihr Cujacius immer noch in der