aus dem Leib und belehrt die Haushälterin, daß Kochbirnen mit Stengel und Gehäuse zubereitet werden müssen,, weil sich sonst das „Adstringens“ nicht einstellt,
das heißt, das, was zusammenzieht, erst bloß die Lippen und den Mund, aber dieser Prozeß des Zusammenziehens setzt sich dann durch den ganzen inneren Menschen hin fort, und das ist dann das, was alles wieder in Ordnung bringt und vor Schaden bewahrt. (189)
Die Anwendung dieser Erkenntnis auf ihre eigene Situation und die Treibeis liegt auf der Hand: Genau diesen Prozeß des Zusammenziehens machen beide gerade durch.
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Vogelsang und Nelson sind charakterisiert durch die Unfähigkeit einer angemessenen Selbsteinschätzung und bilden daher das genaue Gegenteil von Treibei und Corinna, die beide viel Selbstironie haben. Der Leutnant ist zwar in der „ständigen Furcht des Gefopptwerdens“, trägt aber seine absurden politischen Theorien mit „einer an Komik streifenden Würde“ (38) vor; und daß der Engländer „in seiner Art ebenso komisch wirkte, dieser Grad der Selbsterkenntnis lag ihm fern“. Beide können sich zudem von Anfang an nicht leiden. Vogelsang „befestigt sich“ bei der Einführung Nelsons „in der langgehegten Vorstellung von der Impertinenz englischen Nation“ (22) und greift in seinem Toast auf den Hausherrn „Englands Aristokratie“ an. Umgekehrt nennt Nelson den Reserveleutnant „such an ugly fellow“ (38) und ist über Vogelsangs Unterschlagen der Damen in der Anrede bei seinem Toast beschämt. Daß Corinna Nelson gegenüber gerade Vogelsang zum „Peer of the Realm“ ernennt (39), gibt dieser wechselseitigen Ablehnung den ironischen Tupfer.
Zweifellos sind in einem Roman aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, also aus einer Epoche, die in nationalen Kategorien dachte, was für Fontanes Romane wohl nicht genug beachtet worden ist, in diesen Gestalten auch bestimmte nationale Charakterzüge bewußt übertrieben dargestellt: das Preußisch-Militaristische bei Vogelsang und das Englisch- Legere bei dem „Sohn Albions“ (76). Der ,,automatenhaft[e]“ Leutnant a. D. trägt noch dreißig Jahre nach seiner aktiven Dienstzeit Uniform mit „Helm und Degen“ (21), was auf ein Übermaß an Zwang hindeutet; er ist immer im Dienst. Dagegen erscheint Nelson zu der Einladung ganz salopp in Reisekleidung, was auf ein Übermaß von Zwanglosigkeit hindeutet; er ist immer privat. In beiden ist daher ausgedrückt, daß die Dinge nicht mehr sind, wie sie waren. Die Namensgleichheit des Kaufmanns aus Liverpool mit dem aristokratischen Seehelden beleuchtet den Weg, den England im 19. Jahrhundert gegangen ist: Aus der Adelsgesellschaft ist die Handels- nation geworden, aus Lord Nelson „Nelson & Co.“ (11). Pastor Lorenzen in Der Stechlin weist auf genau diese Entwicklung hin und verurteilt sie scharf — schärfer wohl als der eher liebenswerte Mr. Nelson es verdient.
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