Heft 
(1984) 38
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Die erprobte Verfahrensweise der Realienbände aus derSammlung Metzler bewährt sich auch hier; abschnittsweise werden die Erörterungen mit den bibliographischen Nachweisen verbunden. Mitunter muß man freilich übers Register gehen, um einen Titel zu ermitteln, und nicht immer gelingt es (so bei Th. Meyer). Da durchaus zu wünschen ist, daß Aust demnächst abermals eine neue Ausgabe vorlegt, noch einige weitere Randbemerkungen: Manchmal läßt sich schwer unterscheiden, wo die Wiedergabe einer fremden Meinungsäußerung aufhört und die Meinungs­äußerung des Verfassers beginnt. Problematisch erscheint die Verteilung der literatursoziologischen Sachverhalte auf die AbschnitteVorausset­zungen und Einflüsse sowiePublikum. Die internationale Differen­ziertheit - bekannte Gretchenfrage des Realismus im 19. Jahrhundert verdiente eine selbständige Abhandlung. Zum sogenanntenkritischen Realismus wären angesichts seiner Bedeutung in der marxistischen Theoriebildung (die unvoreingenommen referiert wird, soweit sie in deutscher Sprache zugänglich ist) einige begriffsgeschichtliche Angaben und die Aufnahme ins Begriffsverzeichnis zweckdienlich. Und schließlich sollte, wenn es die Spielregeln der Reihe erlauben, der bloße Hinweis auf die Darstellung Helmuth Widhammers, die seit 1977 alsDie Lite­raturtheorie des deutschen Realismus (18481860) ebenfalls in derSamm­lung Metzler vorliegt, durch Nachweis und Stellungnahme ersetzt werden; der Titel ist hier als dritter neben dem Austs und denManifesten und Dokumenten in Erinnerung zu bringen.

Daß die Materialienbände, die den literaturgeschichtlichen Darstellungen der ReiheEpoche der Literatur beigegeben werden, mit dem Erscheinen vonRealismus und Gründerzeit auf eine neue Stufe gehoben wurden, war offensichtlich. Die Erweiterung von sonst einem auf zwei starke Bände betraf keine Äußerlichkeit. Vergleicht man die vorangegangene, Erich Ruprecht und Dieter Bänsch zu verdankende Sammlung von Mani­festen und Dokumenten derJahrhundertwende (...) 18901910 (Stuttgart 1970), dann drängt sich der Konzeptionswechsel auf. Die Autonomievor­stellungen, in deren Rahmen sich Ruprecht und Bänsch bei ihrer Auswahl und Einleitung bewegten, sind durch das kommunikativ und sozial­geschichtlich begründete Literaturverständnis der siebziger Jahre ersetzt, das eine Neubewertung der Quellen mit sich brachte und auf eine immense Erweiterung des beachtenswerten Materials hinauslief.

Die Herausgeber begegneten der dadurch erwachsenden Schwierigkeit auf eine ungewöhnliche und überzeugende Weise, die es verdient, nochmals nachgezeichnet zu werden. Um denliterarischen Zeithorizont (S. V) in der erstrebten Vollständigkeit der wesentlichen literarischen Richtungen, Zeiteinflüsse und Probleme sichtbar zu machen, wurde in lockerer Koordi­nierung auf drei parallelen Wegen vorgegangen. Die Dokumentation erfuhr eine starke historisch-systematische Untergliederung; man entschied sich (stillschweigend) dafür, nicht eigentlich Texte zu dokumentieren, sondern insofern bruchstückhafte Äußerungen - ein riskantes, doch soweit sich sehen läßt, dank der eingesetzten Sadikunde zuverlässig bewältigtes Unter­nehmen. Ergänzend beigegeben wurde eine (nur zum Teil und aufs kanppste) annotierte Quellenbibliographie von 1486 Nummern und un-

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