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aber er weiß trotz alledem, daß er eine Mutter hat, der er ans Herz gewachsen ist. Hartmut weiß das nicht von seinem Vater, er kennt ihn nur von der strengen, unzugängliche): Seite. Wen:: er ahnte, daß Sie ihn insgeheim vergöttern —"
„So würde er das sofort mißbrauchen und mich wehrlos machen mit seiner schmeichlerischen Zärtlichkeit. Soll auch ich mich von ihm beherrschen lassen wie alles, was in seine Nähe kommt? Seine Kameraden folgen ihm blindlings, so oft er ihnen auch Strafe zuzieht mit seine)) Tollheiten. Ihren Willibald hat er gänzlich unter seiner Botmäßigkeit, sogar seine Lehrer behandeln ihn mit besonderer Nachsicht. Ich bin der einzige, de)) er fürchtet, und infolge dessen auch der einzige, de)) er respektirt."
„Und Sie glauben es mit der Furcht allein zu zwingen bei de))) Jungen, der jetzt zweifellos von seiner Mutter mit den unsinnigsten Zärtlichkeiten überschüttet wird? Wenden Sie sich nicht ab, Falkenried, Sie wisse)), ich habe nie jenen Namen vor Ihnen genannt, aber jetzt, wo er so unabweisbar wieder in den Vordergrund tritt, wird man ihn wohl einmal ausspreche)) dürfen. Und da wir gerade bei dem Punkte sind, so sage ich Ihnen offen heraus, die Geschichte war nicht anders zu erwarten, seit Frau Zalika wieder auftauchte. Es hätte nichts geholfen, wen)) Sie Hartmut nicht von Ihrer Seite gelassen hätten, denn man kann eine)) Siebzehnjährige)) nicht mehr hüten wie ei)) kleines Kind. Die Mutter hätte doch den Weg zu ihn) gesunde)), und das war im Grunde ihr Recht — ich hätte es ebenso gemacht."
„Ihr Recht?" fuhr der Major heftig auf. „Und das sagen Sie mir, Regine?"
„Das sage ich, weil ich weiß, was es heißt, ein einziges Kind zu haben! Daß Sie Ihrer Frau den Bube)) nahmen, marin der Ordnung, eine solche Mutter taugt nicht zur Erziehung; daß Sie es ihr aber jetzt, nach zwölf Jahre)) verweigern, Ihren Sohn wieder zu sehen, das ist eine Härte und Grausamkeit, die nur der Haß eingeben kann. Wie groß auch ihre Schuld sei)) mag — die Strafe ist zu hart."
Falkenried blickte finster vor sich nieder, er mochte fühlen, daß eine Wahrheit in den Worte)) lag; endlich sagte er langsam:
„Ich hätte nie geglaubt, daß Sie die Partei Zalikas nehmen würden. Ich habe Sie einst bitter gekränkt um ihretwillen, ich zerriß ein Band -—"
„Das noch gar nicht einmal geknüpft war," unterbrach ihn Frau von Eschenhage)) abwehrend. „Es war ei)) Plan unserer Elter)), weiter nichts."
„Aber der Gedanke daran war uns doch lieb und vertraut seit unseren Kinderjahren. Versuche)) Sie nicht, mich zu entschuldigen, Regine, ich weiß nur zu gut, was ich damals Ihne)) und — mir gethan habe."
Regine richtete die klare)) graue)) Augen fest auf ihn, aber es lag etwas wie ein feuchter Schimmer darin, als sie erwiderte:
„Nun ja, Hartmut, jetzt, wo wir beide längst über die Jugend hinaus sind, werde ich es ja wohl eingestehen dürfen. Ich habe Sie damals gern gehabt und Sie hätten auch wohl etwas anderes aus mir machen können, als ich jetzt geworden bin. Ich war immer ei)) eigenwilliges Ding und nicht leicht zu regieren, aber Ihnen hätte ich mich gefügt, vielleicht Ihnen allein auf der ganze)) Welt. Als ich drei Monate nach Ihrer Hochzeit mit Eschenhagen vor der) Altar trat, da war es umgekehrt, da nahm ich die Zügel in die Hand und fing an zu kommandiren, und seitdem habe ich es gründlich gelernt. Doch jetzt fort mit de)) alten, längst abgethanen Geschichten! Ich habe sie Ihnen nicht nachgetragen, das wissen Sie, wir sind trotzdem Freunde geblieben, und wenn Sie mich jetzt brauche)), mit Rath oder That ich bin da."
Sie streckte ihm die Hand hi)) und er legte die seinige hinein.
„Ich weiß es, Regine, aber hier kann ich mir nur allein rathen und helfen. Bitte, rufen Sie Hartmut zu mir, ich werde mit ihn) sprechen!"
Fra)) von Eschenhagen kam seinem Wunsche nach, sie stand auf uud verließ das Zimmer, aber im Gehe)) murmelte sie halblaut:
„Wenn es nicht schon zu spät ist! Sie hat de)) Vater damals blind und toll gemacht, sie wird sich de)) Sohn wohl auch schon gesichert habe))!"
Nach etwa zehn Minuten trat Hartmut ein; er schloß die Thür hinter sich, blieb aber an der Schwelle stehe)). Falkeuried wandte sich uni.
„Komm näher, Hartmut, ich habe mit Dir zu reden!"
Der Jüngling gehorchte und kam langsam näher. Er wußte bereits, daß Willibald hatte beichte)) müssen und daß die Zusammenkünfte mit der Mutter verrathen seien, aber in die Scheu, mit der er sonst stets den) Vater nahte, mischte sich heute ei)) unverkennbarer Trotz, der den) Major nicht entging. Er streifte mit einem lange)) düstere)) Blick die jugendlich schöne Erscheinung seines Sohnes.
„Meine plötzliche Ankunft scheint Dich nicht zu überraschen," begann er wieder. „Du weißt also vermnthlich, was mich herführt?"
„Ja, Vater, ich errathe es."
„Gut, so brauche)) wir uns nicht erst mit einer Einleitung aufzuhalten. Du hast erfahre)), daß Deine Mutter noch am Lebe)) ist, sie hat sich Dir genähert und Du verkehrst mit ihr — ich weiß es bereits. Wann sahst Du sie zum erstenmal?"
„Vor fünf Tagen."
„Und seitdem hast Du sie täglich gesprochen?"
„Ja, am Burgsdorfer Weiher."
Fragen und Antworten klangen gleich kurz und gemessen. Hartmut war an diese streng militärische Art gewöhnt, selbst im Verkehr mit dem Vater, der kein überflüssiges Wort, kein Zögern und Ausweichen bei den Antworten duldete. Er hielt auch heute diesen Ton fest, der seine qualvolle Erregung vor den ungeübten Augen des Sohnes verschleiern sollte. Dieser sah in der Thal nur das ernste, unbewegte Antlitz, hörte nur den Ton kalter Strenge, als der Major fortfuhr:
„Ich will Dir keinen Vorwurf daraus machen, denn ich habe Dir in dieser Hinsicht nichts verboten. Der Punkt ist ja überhaupt nie zwischen uns berührt worden. Da wir aber einmal so weit sind, muß ich wohl das Schweigen brechen. Du hieltest Deine Mutter für todt und ich habe das stillschweigend geduldet, denn ich wollte Dich vor den Erinnerungen bewahren, die mein Leben vergiftet haben; Deine Jugend wenigstens sollte frei davon sein. Das ist nicht durchzuführen, wie ich sehe, so magst Du denn jetzt die Wahrheit erfahren!"
Er hielt eine)) Augenblick inne, dem Manne mit seinem reiz baren Ehrgefühl war es eine Folter, diesen Punkt vor seinem Sohne zu erörtern, und doch gab es jetzt keine Wahl mehr, er mußte weiter spreche)).
„Ich habe als junger Offizier Deine Mutter leidenschaftlich geliebt und vermählte mich mit ihr, gegen den Wille)) meiner Eltern, die in dieser Ehe mit einer Frau aus fremdem Stamme und Blute kein Heil sahen. Sie hatte)) recht, die Ehe war eine tief unglückliche und wurde schließlich getrennt, auf mein Verlangen. Ich hatte ei)) unbedingtes Recht dazu und mir wurde auch der Besitz meines Sohnes unbedingt zugesprochen. Mehr kann ich Dir nicht sage)), denn ich will die Mutter nicht vor ihrem Sohne anklagen; also laß Dir daran genug sein!"
So kurz und herb diese Erklärung auch lautete, sie machte eine)) eigentümlichen Eindruck auf Hartmut. Sei)) Vater wollte die Mutter nicht vor ihm anklagen, vor ihm, der doch täglich die bittersten Anklagen und Schmähungen gegen den Vater von ihr hörte. Zalika hatte selbstverständlich die ganze Schuld der Trennung auf ihren Gatte)) und seine unerhörte Tyrannei gewälzt und sie fand ei)) nur zu williges Ohr bei dein Knabe)), dessen unbändige Natur so schwer unter der Strenge des Vaters litt. Und dock) wirkten jetzt dessen kurze, ernste Worte mehr als all jene leiden schaftlichen Ausbrüche, Hartmut fühlte instiuktmäßig, ans welcher Seite die Wahrheit lag.
„Und )))))) zu der Hauptsache!" hob Falkenried wieder an. „Was war der Inhalt Eurer täglichen Unterredungen?"
Hartmut mochte diese Frage wohl nicht erwartet haben, den)) eine glühende Röthe floß plötzlich über sei)) Gesicht, er schwieg und sah zu Boden.
„Ah so, Du wagst nicht, es mir zu wiederholen! Ich verlange es aber zu wisse)). Antworte, ich befehle es Dir!"
Aber Hartmut schwieg noch immer, er preßte nur fester die Lippe)) zusammen und sei)) Auge begegnete mit finsteren) Trotze den) des Vaters, der jetzt dicht vor ihn hintrat.
„Du willst nicht reden? Hat vielleicht ein Verbot von jener Seite Dich stumm gemacht? Gleichviel, Dein Schweigen sagt mir mehr als Worte. Ich sehe, wie sehr Du mir bereits ent fremdet bist, und Du würdest mir ganz verlöre)) gehe)), wenn ich