Heft 
(1890) 03
Seite
47
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40 Sekunden; aber mit zunehmender Tiefe verringert sich wegen der gleichfalls zunehmenden Reibung die Geschwindigkeit, und wenn z. B. 2000 Faden abgelaufen sind, so legt das Loth die nächsten 100 Faden erst in 110 Sekunden zurück. Erreicht es den Meeresgrund, so läuft zwar die Leine infolge des Be­harrungsvermögens noch weiter ab, jedoch mit verminderter Ge­schwindigkeit. Der Augenblick, in dem diese plötzlich Antritt, heißt derSprung". Alle Zahlen werden genau vermerkt und aus ihnen berechnet man alsdann die Meerestiefe. Das Aufwinden der Lothleine mit dem Peilstock geschieht mit Dampfmaschinen und dauert je nach der Tiefe mehrere Stunden.

Mit den früheren unzuverlässigen Mitteln glaubte man Meerestiefen von 15 000 m und mehr gefunden zu haben. Diese Zahlen mußten später bedeutend herabgesetzt werden. Die größte bekannte Meerestiefe liegt im Nordpacisic südöstlich von der Insel Nipon, sie beträgt 8513 in und wurde im Jahre 1874 von dem amerikanischen SchiffeTuscarora" gelothet, welches den Boden des Stillen Oceans wegeil einer geplanten Kabellinie zwischen Asien und Amerika sondirte. Würden wir den höchsten Berg der Erde, den Gaurisankar, in diese Tiefe versenken, so würde seine Spitze noch als ein Felseneiland von 327 ni Höhe aus dem Meere herausragen.

Auch der Nordatlantic hat nördlich von den Antillen die bedeutende Tiefe von 8341 ni aufzuweisen.

Wie sind nun diese Meeresgründe beschaffen? Was theilen uns die von dem Peitstock heraufgebrachten Bodenproben mit?

Der Felsboden ist nur selten im Meere anzutreffen, meist wird der Meeresgrund von lockerem Material bedeckt.

In der Küstennähe herrscht das vom Meere und voll Flüssen zernagte Material des Festlandes vor, aber dieser Sand und Schlamm erreicht die eigentliche Tiefsee nicht. Hier treten lllls andere Ablagerungen entgegen.

Unter ihnen ist zunächst ein gelblicher oder etwas gräu­licher Schlamm hervorzuheben, der beim Trocknen weiß wird lllld ein kreideartiges Aussehen erhält. Es ist der weiße Tiefseeschlamm. Das Mikroskop belehrt uns über seine Zu­sammensetzung. Wir finden in ihm zahllose Reste kleinster Wesen, welche das Meer mit ihrem Leben erfüllen: Fora­miniferen oder Kämmerlinge mit Kalkschalen, Radiolarien oder Strahlenthierchen mit Kieselpanzern, Kieselnadeln, welche Reste der Kieselschwämme darstellen, Diatomeen, jene wunder­bar geformten Algen, welche die Kieselguhrerde bilden, zahl­lose Trümmer von Schaler: der oben erwähnter: Lebeweserr, Mineralkörner und eine Unmasse vor: Coccolitherr, kleinen runden Kalkgebilden, derer: Natur bis jetzt noch nicht klar erkannt ist. Bald wiegt in den: Schlamm der eine, bald der andere Bestand- theil vor. Sehr weit verbreitet sind ir: ihm die Schaler: der Globigerinen, einer Art der Kämmerlinge, und man spricht darum vor: Globigerinenschlamm, der weite Strecker: des Boderrs irr: Atlan­tischer: Ocear: in dessen wärmeren Theilen bedeckt. In einem Kubik- centimeter dieses Schlamms fand Gümbel 7 Millionei: Coccolithen, 5000 größere, 200 000 kleinere Foraminiferen, 220 000 Theilchen ihrer zerbrochener: Schaler:, 4 800 000 würzige Kalkstäbcher: und Staubtheilchei: und 240 000 Mineralkörner. In anderer: Gegen­den fördert die Tiefensonde Schlammprober: zu Tage, ir: denen die Strahlenthierchen oder Diatomeen überwiegen; so ist der süd­liche Theil des Meeresbodens ir: der Südsee mit einem Schlamm bedeckt, der zur Hälfte aus Diatomeen besteht und eine Art unter­seeischen Kieselguhrs bildet. Diese gewaltiger: Ansammlungen vorr Skeletten, die irr: Laufe ungeheurer Zeiträume entstanden sind, geben uns beachtenswerthe Aufschlüsse über die Entstehung vieler Gesteins­schichten unserer Erde. Ir: einer Reihe von Kalken sind Schaler: vor: Foraminiferen enthalten. Solche winzige Schälchen bilden den Miliolideenkalk des Pariser Beckens und aus ihnen ist ein großer Theil der Stadt Paris gebaut. Ebenso besteht die weiße Kreide zu­meist aus Foraminiferen und Coccolithen. Der weiße Tiefseeschlarrrrr: giebt uns also Auskunft, wie die winzigster: Gebilde des Meeres an: Aufbau der Erdrinde arbeiten. Ebenso wie Paris kam: auch Berlin hier als Beispiel herangezogen werden. Seir: Untergrund besteht zurr: großer: Theil aus Diatomeenerde, die einst wohl der: schlammiger: Grund eines von dieser: Algen belebten Gewässers bildete.

Ir: unserer: Teichen findet sich zuweilen der Süßwasser- schwamrrr, seir: Skelet ist rächt wie das des Badeschwammes aus Horn-, sondern arrs Kieselnadelr: aufgebaut. Auch seine näheren

Fig. L.

Verwandten, die Kiesel- oder Glasschwämme, spielten einst beim Aufbau der Erdschichten eine wichtige Rolle. Wer hat uns der: Feuerstein geliefert, dem wir früher Funker: entlockten, um Feuer anzuzünden? Er ist nach und nach aus der: Kieselnadeln abge­storbener Generationen der Glasschwämrrre entstanden, wobei auch andere kieselgepanzerte Weser: wie die Strahlenthierchen und Dia­tomeen ihrer: Antheil gehabt Haber: mögen.

Der weiße Tiefseeschlamrr: bedeckt aber der: Meeresgrund nur bis zu einer gewisser: Grenze. Er wird aus Tiefer: bis zu 4000 n: heraufgeholt; in größerer: Tiefer: findet mar: ihr: nur ansnahms weise; die Kalkschaler: verschwinde:: hier allmählich. Zunächst sind sie noch da, aber ihre Umrisse sind undeutlich, wie vor: Säuren angeätzt, und ir: der: unterster: Thälern des Meeresbodens fehlen sie ganz. Auf eine noch rächt aufgeklärte Weise Werder: sie vor: den: Meerwasser aufgelöst.

Aus der: ungeheuerer: Abgründe:: vor: 5000 bis 0000 rr: bringt uns die Tiefensonde andere Bodenproben. Dort ist alles mit den: rother: Tiefseethor: bedeckt. Er ist bald hell, bald dunkelbraun, enthält Eisenoxyd und Braunstein, sowie winzige Kieselskelette, mar: findet ir: ihm kleine Partikelchen vor: Magnet- und Titaneisei:, die als kosmischer Staub vor: dem Welträume auf die Erde räederfallerr. Mar: erkennt ir: ihn: Ueberreste von Bimsstein, den: vulkanischen Glase, welches nach Ausbrüche:: der Fenerberge oft große Strecker: des Meeres bedeckt und durch Meeresströmungen Hunderte vor: Meiler: weit verschleppt wird, bis es sich mit Wasser Vvllsaugt und zu Boden sinkt. Der rothe Tiefseethon ist die echteste Tiefsee­ablagerung, welche die Forscher an: meisten interessirt, weil seine Herkunft noch dunkel ist wie die Abgründe, irr denen er ruht. Jedenfalls bildet er sich außerordentlich langsam. Die Forscher Haber: auch ir: diese Tiefer: ihre Schleppnetze hinabgelasser: und der: seit Aeonen gesammelten Thor: ansge­wühlt, urrd es war geradezu überraschend, welche Mengen von Knochen dabei zu Tage gefördert wurde::. Freilich wäre:: es nur die härtester: Skelettheile, die hier der Zerstörnng der Zeit Widerstand geleistet hatten: Zähne vor: Haifischer: und die äußerst solider: Ohrknocher: der Wale.Welch ungeheuere Zeiträume müssen vergehen," ruft Neumayr ir: seinerErd­geschichte" aus,ehe sich die Zähne und vereinzelter: Knochen ir: so riesiger Menge ansammeln können! Dabei muß man die Mittel ins Auge fassen, mit welcher: wir der: Meeres­boden untersuchen; es ist eir: ähnliches Verhältnis;, als ob man die Beschaffenheit des fester: Landes vor: einem ir: 0000 bis 7000 nr Höhe schwebender: Luftballon dadurch untersnchen wollte, daß eir: einige Meter großer Sack ar: eirrerr: Seile auf die Erde räedergelassen, einige Zeit am Boden fortgeschleppt und dar::: wieder aufgezogen wird. Mar: kann daraus ermessen, ir: welchen Massen Knochen urrd Zähne ir: der: größter: Tiefer: des Meeres verbreitet sein müssen, wenn unsere unvollkommenen Mittel sie uns ir: solcher Menge finden lassen."

Und unter der: Zähne:: der Haie befinden sich noch solche, die längst nusgestorbener: Arten angehörerr, die wir sonst nur noch ir: der: Ablagerungen der Tertiärzeit finden! Ir: dieser: Zeit­räumen, die sich nach Jahrei: nicht zähle:: lasser:, hat sich somit nur eine so dünne Schicht des rother: Tiefseethones gebildet, daß sie vor: einem Schleppnetz aufgewühlt Werder: karr::.

Es gab eirre Zeit urrd nur wenige Jahrzehnte trennen uns vor: ihr wo mar: dieser: ar: Former: so wechselvollen, arr Räthselr: so reicher: Grund der Tiefsee für weiter nichts als einer: großartigen Friedhof hielt, der bedeckt wäre rrrit dem Staub der Gesteirre und Knocherrresten zahlloser Weser:. Finster urrd kalt, jedes Lebens bar sollten die ungeheuerer: Tiefer: des Meeres sein, das war eir: Lehrsatz, so fest eingewurzelt, daß die erster: glück liehen Fänge aus der Tiefsee als Jrrthümer mißachtet wurden! Und heute? Heute sind jerre Abgründe, ir: denen das reichste Leber: vorhanden ist, dasgelobte Land der Zoologei:", welche die Frille der neuentdeckter: Thierformer: kaum zu bewältige:: ver­mögen. Die Tiefsee ist auch ir: der Thnt eineNeue Welt", die ir: unseren: Jahrhundert entdeckt wurde urrd die uns das Meer- irr seiner ganzer: Majestät begreife): läßt. Steiger: wir irr: Geiste ir: jene finsteren, kalter:, lautloser: Abgründe hinab, um zu sehen, wie dort die Allmacht des Lebens, fern vor: dem leuchtenden Sonnenstrahl, unter eirrerr: ungeheueren Drucke sich in tausend Former: entfaltet.