Heft 
(1890) 14
Seite
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stattgefunden hat. Schon zn Anfang des 16. Jahrhunderts ! galten den Landsknechten die schwergeharnischten Ritter als alt- ^ fränkische Erscheinungen, und Paul Jovius erzählt, sie seien ! manchmal von dem muthwilligen Fußvolke, wenn sie vorüber- ^ ritten, spöttisch gefragt worden, ob denn Festtag wäre, weil sie ! so geputzt und feierlich langsam daherrückten.Solche Schmach," schließt der erwähnte Schriftsteller,mußten die Ritterslente ver­schlucken, weil das Recht des Kriegs auf den angeblasenen Lunten der Hakenschützen sichtlich beruhte."

Ganz im Anfänge allerdings wurden die neuen Truppen von manchen Seiten begreiflicherweise mit scheelen Augen betrachtet. Kaiser Max aber ließ sich angelegen sein, persönlich dieselben zu Ehren zn . bringen. Mehr als einmal ließ er sich auf des Reiches Heerstraße iu ! Landsknechtstracht, den Spieß auf der Schnlter, das kurze Schwert umgegürtet, sehen, und einmal zog er gar mit 900 Fürsten, Herren und Rittern in solcher Tracht und Wehr in die Stadt Köln ein. Zuerst freilich, in Maximilians Schweizerkrieg, zahlten die Landsknechte ihren Lehrherren, den Schweizern, blutiges Lehrgeld, woher sich dann ein grimmiger Handwerks­wetteifer zwischen beiden entspann; aber schon 1522 bei Bicocca, welcher Tag Herrn Georg v. Frundsberg bei den Schweizern den NamenLeut­fresser" eintrug, und drei Jahre später, beiPavia, sank der Ruhm der Schweizer mit ihren berühmtesten Führern vor den Landsknechten für immer in den Staub, und die schweizer Söldner ver­schwanden darauf bald überhaupt von den Schlachtfeldern, fried­licheren Hof- und Herren­dienst suchend.

Das System, ein Kind der Noth und besonderer Zeit- stimmung, trug allerdings große, aus seiner Natur ent­springende Schäden in sich.

Nimmt es sich auch noch geradezu vornehm aus gegen die Söldnerei, Drillerei und heimtückische, heimlich auf die Menschenjagd gehende Wer­berei nach dem Dreißigjäh­rigen Kriege bis in die ersten Anfänge dieses Jahrhunderts, so hatte es doch die schlimme Folge, daß trotz der streng­sten kaiserlichen Erlasse sich immer und immer wieder Fürsten und Herren, Ritter und Landsknechte in den Sold der Reichsfeinde gaben, namentlich als die französischen Könige anfingen, sie den Schweizern vor­zuziehen. Mehr als ein Haupt, auch adliger Kriegsmänner, ist darum unter dem Schwerte des Henkers , gefallen, wie z. B. unter Kaiser Karl V. dasjenige des schönsten und herzhaftesten Obristen, Sebastian Vogelsberger/welcher noch dazu in Wirklich­keit unschuldig war; sein Andenken lebte, wie ausDes Knaben Wunderhorn" zu ersehen ist, noch lange im Volksliede. So lange die Einrichtung im ganzen noch von nationalem Ehrgefühl getragen war, ahndeten auch die Landsknechte den Vaterlands- verrath an Landsleuten und Handwerksgenossen in reichsfeindlichem Solde. So nahm und erhielt in der Schlacht bei Pavia der nach feinen Rüstungen und Fahnen als dieSchwarze Schar" be­zeichnte Landsknechtshaufe, der unter Führung vieler Herren und Edlen trotz kaiserlicher Verbote unter dem französischen Lilien­banner stritt, von Frundsbergs Knechten kein Quartier; ihreu Führern wurde die Ehre des Zweikampfs, den sie nach Lands­knechtsbrauch von denen der Gegenpartei forderten, verweigert. Sie fielen alle bis auf den letzten Mann. Später aber, als das National­gefühl in Deutschland mehr und mehr dahinschwand, ward die Soldläuferei ins Ausland eine immer mehr um sich greifende, schandbare Sitte. Die Folgen damaliger Vergeudung nationaler

Krhnrlch. Kaiser Mas in LandskneHNrachl.

Wehrkraft müssen wir, die Enkel, heute noch büßen.Ueber- schüssige" deutsche Kraft füllte z. B. Frankreichs Zeughäuser mit dem Reiche abgenommenen Trophäen und half dem französischen Staate zu jener geschlossenen Macht, welche ihm so lange ein schwer empfundenes Uebergewicht über das zerrissene Deutschland gab. Das Kriegsleben machte die der Werbetrommel Folgenden sehr oft zu friedlicher Arbeit untauglich, und die während des Friedensgartend", das heißt bettelnd und wohl auch raubend, umherziehenden Landsknechte waren bald eine Geißel des flachen Landes, wie aus Hans Sachsens köstlichem Gedicht über die gürtenden Landsknechte zu ersehen ist. Die leichte Art endlich, Kriegsvolk zu erhalten, war für eroberungslustige, ehrgeizige Fürsten eine gefährliche Versuchung und trug zur Vermehrung der Kriege bei. Ein schwäbischer Chronist, Sebastian Frank, läßt denn gerade aus diesem Gesichtspunkte diefrommen Landsknechte" sehr hart an.Wenn der Teufel Sold ausschrieb," lesen wir dort,so fleugt und schneit es zu, wie die Fliegen in dem Sommer, daß sich doch jemand zu Tod verwundern möchte, wo dieser Schwarm nnr aller herkam und sich den Winter erhalten hat."

Derböse Winter" spielt in der Thal eine bezeichnende Rolle in den uns erhaltenen Landsknechtsliedern.

Die Landsknechtsheere waren im vollsten Sinne des Wortes Freiwilligenheere. Sie waren daher nicht gewillt, ihr Leben ohne Gewährleistung bestimmter Rechte zu ver­laufen; wie zu Hause Zunft und Genossenschaft sie vor Gewalt und Verunglimpfung schützten, wie dort ihre Zunft- . oberen im Rathe gehört wur­den, so verlangten sie auch im Felde Sicherung ihrer Rechtsverhältnisse. Die Fest­stellung derselben verstand man unter dem Ausdrucke Aufrichtung des Regiments", wobei letzteres Wort nicht die Einheit nach Gliederung und Verwaltung, welche heute dar­unter begriffen wird, bedeutet, sondern soviel wie Regierung oder Gesetz. Sv oft ein Kriegsherr streitbaren Volks bedurfte, schickte er irgend einem berühmten Kriegsmann, adligen oder bürgerlichen Standes, einen Bestallungs­brief als Feldobristen nebst einem Patent, welches den­selben zur Aufrichtung eines Regiments bevollmächtigte; beigegeben wurde ein die Verfassung oder den Rechts­brauch, welche der Kriegsherr gehalten wissen wollte, enthaltender Artikelbrief; der Sold, die Zahl der Fähnlein, der Ort, wo das geworbene Volk dem Kriegsherrn vorgestellt werden sollte, wurden ebenfalls genau bestimmt. Der so Beschickte brachte nun unter Zu­hilfenahme seines Kredits zunächst das nöthige Geld auf und setzte seinerseits seine Freunde und früheren Waffengefährten von dem ihm gewordenen Aufträge in Kenntniß, wählte sich aus den Erfahrensten auch gleich seinen Stellvertreter oder Obristlieutenant und bestellte die übrigen als Hauptleute über die einzelnen Fähnlein. Diese letzteren nun waren es, welche zunächst, jeder für sich, die eigent­liche Werbung besorgten, in Städten und Flecken, namentlich bei Jahrmärkten oder ähnlichen viel Volk zusammenführenden Anlässen sieumschlagen" ließen. Hatte jeder die nöthige Anzahl Ge­worbener beisammen, wobei auch auf das richtige Zahlenverhältniß der Spieße, kurzen Wehren und Hakenbüchsen zu sehen war, so beraumte der Kriegsherr oder der von ihm bestellte Musterherr einen Tag der Zusammenkunft an. Auf dem bestimmten Platze waren zwei Spieße aufgerichtet, ein dritter quer darüber gebunden. Auf der einen Seite diesesThors" hielt zu Roß der Obrist und der Hauptmann des gerade zu musternden Fähnleins, auf der andern saß an einem Tische der Schreiber des Musterherrn, welcher selbst nahebei hielt und nun jeden einzelnen Knecht an sich vorbeiziehen ließ, dem Schreiber seine Bemerkungen diktirend.