Heft 
(1890) 25
Seite
409
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Illustriertes Familienblatt. - Begründet Ernst Keil 1853.

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1890

LMM

(Fortsetzung.)

Madonna im Mosenstag.

Roman von WeinHold HvLmcrnn.

Alle Rechte Vorbehalten.

ließ in ihrer plötzlich wieder erwachten Munterkeit und Lebhaftigkeit ihrer Base nicht Zeit, sich dem Grübeln über das Räthsel, das ihre Brust bewegte, lange hinzugeben. Sie gab Marie nicht für eine Minute frei und wich auch nicht von ihrer Seite, als Engelbert kurz vor Beginn der Tafel nach Hause zurückkehrte. An dem Essen nahmen einige höhere Offiziere als Gäste theil, und es war nicht sehr verwunderlich, wenn die fast ausschließlich auf militärische Angelegenheiten bezügliche Un­terhaltung dem Dragonerlieute­nant wenig Zeit ließ, sich einem Gespräch mit den beiden jungen Damen zu widmen. Nach auf­gehobener Tafel wurde er zu einer Spielpartie herangezvgen, und für die späteren Abend­stunden war er zn einem von Kameraden veranstalteten Lie- besmahl geladen. So hätte Marie vergebens nach einer Möglichkeit gesucht, ihn unbe- lauscht und ungestört zu sprechen.

Allerdings war Engelbert sonst in dem Bemühen, eine Gelegenheit zu solcher verstoh­lenen Zwiesprache herbeizufüh­ren, vielleicht geschickter und erfinderischer gewesen als gerade heute, wo sich bei ernstem Willen ein geeigneter Vorwand für ihn doch wohl hätte ersinnen lassen.

Dafür aber, daß er ein Allein­sein mit Marie etwa geflissent­lich vermieden hätte, bot sich in seinem Benehmen jedenfalls ebensowenig ein Anhalt und als er ihr beim Fortgehen Gutenacht sagte, traf sie für eine flüchtige Sekunde ein eben­so begehrlicher und glühender Blick wie gestern bei der tollen Mazurka, an die sie noch immer nicht ohne schamhaftes Erbeben und ohne einen peinigenden Groll über ihre eigene Schwäche zurückdenken konnte.

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IreOoLhrfche Kasse" der neu entdeckten Gutenöerger Tropfsteinhöhle.

Nun endlich fand Marie die lang ersehnte schickliche Ge­legenheit, sich unauffällig zurückzuziehen. Aber als sie allein war, fiel ihr die Erinnerung an die Ereignisse der Nacht doch mit verdoppeltem Gewicht auf die Seele, und sie war bitter unzu­frieden mit sich selbst. Niemals gewöhnt, nach einer beschönigenden Umschreibung für ihre eigenen Fehler zu suchen, schalt sie sich feige, weil sie einem festen und durch ihre schwesterliche Pflicht

unweigerlich gebotenen Vorsatz untren geworden war. Wohl hatte sie in: Verkehr mit Engel­bert unwillkürlich einige Zurück­haltung beobachtet; aber sie hatte ihm doch durch kein Wort und keine Miene gezeigt, daß er sie tief beleidigt habe, sie hatte ihm ihre Hand gereicht wie sonst und hatte sich nicht von ihm abgewendet, als sie seinen verwegenen, vielsagenden Blick auf sich ruhen fühlte.

Das alles ist ja nur um der anderen willen geschehen!" wollte eine Stimme in ihrem Herzen ihr zuflüstern, aber Marie klammerte sich nicht au diese naheliegende Entschuldi­gung, sondern war ehrlich genug, sie vor sich selber als eine Lüge zu bezeichnen.

Nein, auch wenn ich mit ihm allein gewesen wäre, würde ich nicht die Kraft gefunden haben, jene Erklärung von ihm zn fordern!" sagte sie sich mit schmerzlicher Beschämung, und mit tiefem Bangen fügte sie die Frage hinzu:Was aber soll nun werden?"

Ja, was sollte nun werden? So wie der heutige Tag würde auch der nächste und der über­nächste verlaufen; mit jeder weiteren Stunde des Zauderns würde es ihr schwerer und schwerer werden, Genugthnung