Heft 
(1890) 25
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sich durch eine ganz andere und in ihrer Art nicht minder prachtvolle > Hohlräume zu bilden pflegen. Die hier vorhandene Einsenkung zieht Tropfsteinbildungans. Als der Verfasser dieser Zeilen nach nothdürftiger ! sich bis zu einem eine halbe Stunde entfernten Hochmoor hin und Erweiterung der ursprünglichen Oeffnung eines Fuchsbaus hinein- ! endigt vollständig erst in der Nähe des Randecker Moors, emes längst schlüpfte und jedenfalls als der erste Mensch seit Jahrtausenden die Grotte ! erloschenen vulkanischen Kraters von gewaltiger Ausdehnung (1 üm betrat, in der ihm die vom Bo- ^ ^

den ausgewachsenen, über manns­großen Stalagmiten menschen­gleich, gespenstisch starr entgegen­ragten, da war die anfängliche Empfindung unwillkürlich doch so eine ArtGruseln", das sich aber sogleich in eitel Freude und Wohl­gefallen verwandelte, als der unsichere Kerzenschein allmählich die einzelnen Schönheiten aus der ewigen Finsterniß hervorzog.

Sind's in der Gutenberger Höhle glänzendweiße Tropfsteinwände und -röhren, eisig, schneeartig, so ist hier alles trockenweiß, den Wänden eines neugegipsten Zim­mers zu vergleichen, alle Ritzen mitMondmilch" gefüllt, jener breiartiger: Kalkausschwitzung, die heute noch vom Volk vielfach als uraltes Heilmittel eifrigst gesucht und angewandt wird, überall am Boden und an der Decke die bizarrsten Formen, partienweise an Bilder von türkischen Kirch­höfen erinnernd, einzelne Säulen klingend und tönend wie Glocken kurz, eine Zauberwelt im klei­nen, die in ihrer Art ebenso überwältigend ist wie die großen Räume der erst beschriebenen Höhle! Auch hier mag's sein, daß sich noch eine Fortsetzung ins Gebirge hinein findet; bis jetzt ist's nicht der Fels, son­dern weicher Höhlenlehm, der dem weiteren Vordringen Halt gebietet.

In dieser Annahme wird man durch die Thatsache bestärkt, daß sich auf der nahen Albhochfläche eine fchluchtartige Vertiefung hinzieht, die ursprünglich nicht durch einen Wasserlauf, sondern wohl durch Ein- fenkungen entstanden ist, wie sie sich durch den Einsturz unterirdischer

Durchmesser).

Der Fels, in welchem die Wolfsschlucht" sich öffnet, ist zur Zeit des Schneegangs mit einem besonderen Reiz ausge­stattet; da stürzt sich ein Was­serfall gerade über den grot­tenförmigen Eingang herab, so daß der Besucher hinter dem Wassersturz steht und durch ihn in die Tiefe blickt.

Treten wir aus all der unter­irdischen Pracht, die wir nun ge­sehen haben, wieder heraus an das Licht des Tages und stehen rvir wieder draußen im Hellen Sonnenschein und schauer: hin­ab zum schmuck ins Waldthal hineingebetteten Dörflein, dessen Glocke melodisch herauftörrll, so überkommt's uns beim Gedan­ken an die soeben zurückgelegte Wanderung unter der Erde wie in längst vergangenen Tagen, wenn uns die Großmutter das Märchen erzählte vom versunke­nen Schloß und vom verwunsche­nen Königssohn.

Es ist, als ob Uhland das rreue Wunder seines geliebten Schwabenlandes im Geist geschaut hätte, als sein Dichtermund sang:

Ich weiß nur eine Grotte,

Gewölbt mit Bergkrpstalle,

Die ist von einem Gotte Begabt mit seltnem Halle;

Was jemand sprach, was jemand sang,

Das wird in ihr zu Glockenklang."

Maurische Kalle'

Akammenzeichen.

Roman von G. Mevnev.

(Fortsetzung.)

Alle Rechte Vorbehalten.

ach einer Viertelstunde machten Willibald und Eugen Stahlberg Anstalt, aufzubrechen. Sie traten zu dem Fürsten, um sich zu verabschieden, und dieser fragte:

Sie rücken also morgen schon weiter?"

Mit Tagesanbruch; wir marschiren nach R., wo General­major von Falkenried mit seiner Brigade steht. Es wird freilich noch einige Tage dauern, ehe wir hinkommen, denn die ganze Gegend zwischen hier und R. ist noch vom Feinde besetzt und wir werden uns den Weg erst freimachen müssen."

,Daun sage aber dem General, Willy, daß ich in spätestens acht Tagen Nachkomme," fiel Eugen Stahlberg ein.Es war schlimm genug, daß ich so lange hier Zurückbleiben mußte eines Schusses wegen, der gar nicht der Rede Werth war. In der nächsten Woche aber melde ich mich gesund, der Doktor mag sagen, was er will, und gehe dann unverzüglich wieder zu meinem Re- gimente ab, hoffentlich noch vor der Einnahme von R."

Dann müssen Sie sich in der Thal beeilen," sagte Egon, denn wo General Falkenried steht, pflegt der Widerstand nie lange zu dauern, das haben wir hinreichend erfahren. Er ist ja nnt seinen Leuten immer voran, immer der erste dein: Sturm und hat schon Unglaubliches errungen. Es scheint, als ob es für ihn gar keine Unmöglichkeiten gäbe."

Er hatte aber auch das Glück, überall an die Spitze gestellt zu werden," warf Lieutenant Walldorf ein.Jetzt soll er wieder R. nehmen, während wir hier Gott weiß wie lange festliegen, und er wird es nehmen, daran ist gar kein Zweifel, hat es viel­leicht schon genommen. Die Nachrichten kommen ja jetzt nur auf Umwegen, so lange der Feind zwischen uns steht."

n Er erhob sich, um den beiden Herren das Geleit bis vor die Thür zu geben, während der Fürst zurückblieb. Am Karnin stehend, blickte er mit verschränkten Armen in das Feuer, und dabei hatte sein Gesicht einen Ansdruck, der nicht im Einklänge stand mit dem Uebermuth, den er eben noch gezeigt hatte. Ernst,

! ja düster schaute er in die zuckenden Flammen, und der Schatten ^ wollte noch nicht aus seinen sonst so sonnig heiteren Augen weichen. Egon schien die Anwesenheit Stadingers ganz vergessen ^ zu haben; erst als dieser sich mit einem Räuspern bemerklich machte,

' fuhr er auf.

Ah, Du bist noch da? Grüß' mir den Lois und sage ihm, ich käme morgen selbst, um einmal wieder nach ihm zu sehen. Abschied brauchen wir ja nicht zu nehmen, da Du einstweilen noch hier bleibst. Du hast wohl nicht geglaubt, daß es so lustig bei uns zugeht? Ja, man macht sich das Leben leicht, wenn man jeden Tag darauf gefaßt sein muß, es zu verlieren."

Der Alte stand vor seinem jungen Herrn und blickte ihm ! scharf in die Augen, dann sagte er halblaut:

!Ja, lustig waren die Herren schon, und Durchlaucht sind der ! lustigste von allen, aber froh sind Sie doch nicht!"

!Ich? Was fällt Dir ein! Warum soll ich denn nicht ! froh sein?"

,Ich weiß nicht, aber merken thue ich es doch," beharrte Stadinger.Sonst, wenn Durchlaucht von Fürstenstein kamen oder in Rodeck mit den: Herrn Rojanow alles mögliche anstellten, ^ da sahen Sie ganz anders aus und lachten ganz anders, und eben, als Sie in das Feuer blickten, da war es, als ob Durch- ! laucht etwas recht Schweres auf dem Herzen hätten."

Bleib' mir vom Leibe mit Deinen Beobachtungen!" rief Egon ärgerlich, dem sein alterWaldgeist" wieder einmal sehr ^ unbequem wurde.Denkst Du vielleicht, daß wir immer so ans­gelassen find? Wenn man fortwährend das blutige Kriegsspiel i vor Augen hat, kommen doch auch ernste Gedanken, sollt' ich meinen!"

Dagegen ließ sich nichts einwenden, und Stadinger schwieg auch, aber täuschen ließ er sich nicht. Er wußte ganz genau, ; daß bei seiner jungen Durchlaucht etwas nicht in Ordnung ! war und daß sich hinter diesem so zur Schau getragenen Uebermuth