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Blätter und WtütHen.
Arauen-Aank. Gleich nach dem Hinscheiden der Kaiserin Augusta am 7. Januar d. I. war in den Kreisen des „Vaterländischen Frauenvereins" der Gedanke angeregt worden, den Gefühlen der unvergänglichen Verehrung und Dankbarkeit gegen die edle Frau, die treue Beschützerin aller deutschen Frauenvereine, die eifrige Fördererin aller Werke der Nächstenliebe, einen sichtbaren, dauernden Ausdruck zu geben. Und wie sich erwarten ließ, ist dieser Gedanke auch auf fruchtbaren Boden gefallen. Eine ganze Anzahl Vereine, der „Bayerische Frauenverein", der „Sächsische Albertverein", der „Württembergische Wohlthätigkeitsverein", der „Badische Frauenverein", der „Hessische Alice-Frauenverein", das „Patriotische Institut der Frauenvereine im Großherzogthum Sachsen" und der „Mecklenburgische Marien-Frauenverein" vereinigten sich mit den: „Preußischen Vaterländischen Frauenverein" in den: Beschlüsse, eine Sammlung zu veranstalten, deren Ergebniß unter dem Namen „Frauen-Dank" der Kaiserin Auguste Victoria überreicht werden soll. Die Absicht ist, die Erträge der Sammlung mit der von der verewigten Kaiserin Augusta zur Feier ihrer Goldenen Hochzeit im Jahre 1879 begründeten Stiftung „Frauentrost" zu vereinigen und so dieser hochherzigen Stiftung, deren Bestimmung es ist, die Frauenvereine unter dem Rothen Kreuz in der Ausführung ihrer gemeinnützigen Bestrebungen zu unterstützen, neue Mittel zuzuführen.
An alle Frauen und Jungfrauen unseres Deutschen Vaterlandes ergeht nun der Aufruf, zu diesem nationalen Liebeswerke nach Kräften beizutragen. Und damit nicht die kleinen Scherflein schüchtern zurückzustehen brauchen, damit die Stiftung wirklich aus den breitesten Schichten des Volkes, nicht bloß aus den: Ueberschusse einiger Reichen hervorgehe, ist ausdrücklich die Grenze der Beiträge von 10 Pfennig bis zu 10 Mark festgesetzt worden. Als Sammelstellen dienen die obengenannten Vereine mit ihren Verzweigungen. Für diejenigen aber, welche keine Gelegenheit haben, mit einem solchen sich in Verbindung zu setzen, also insbesondere für unsere deutschen Frauen und Mädchen im Auslande, sei bemerkt, daß das Bankhaus von F. W. Krause u. Komp., Berlin, Leipzigerstraße 45, zur Entgegennahme von Beiträgen gerne bereit ist. Nur müßte darauf geachtet werden, daß Sendungen an dieses eine genaue Bezeichnung ihres Zweckes tragen, damit keine Verwechslungen Vorkommen.
Schön nnd jung zu bleiben, das ist ein uralter Wunsch der Menschheit. Die Sage vom Jungbrunnen war in verschiedenem Gewände allen Völkern bekannt, und in allen Herzen erwacht die Sehnsucht nach der entflohenen Jugend, wenn der erste Schneefall unsere Haare bleicht und das erste weiße Haar etwas wie ein fernes Echo des Trappistensprnches: „Bruder, bedenke, daß du sterben mußt!" in unserer Seele weckt. Die Philosophie tröstet uns, indem sie das Greisenalter, das die Stürme der Leidenschaft nicht kennen soll, verklärt, aber ihre Lehren finden nicht immer Bekenner, die meisten Menschen würden auf Unsterblichkeit ohne Jugend verzichten, um nur das Los des Tithonos nicht zu theilen, dem die Götter auf Flehen der Göttin der Morgenröthe die Unsterblichkeit schenkten, dabei leider aber vergaßen, ihm die werthvollere Gabe der ewigen Jugend mit zu spenden. Tithonos schrumpfte bekanntlich derart zusammen, daß ein mitleidiger Gott ihn in eine Cikade verwandelte. Im Mittelalter suchten die Menschen nach dem Stein der Weisen, der verjüngende Kraft besitzen sollte, später zogen Charlatane wie Cagliostro nnd Gras von St. Germain Nutzen aus der Sehnsucht der Welkenden — und selbst in unserem aufgeklärten Zeitalter beschäftigt man sich mit Verjüngungskuren.
Die Wissenschaft selbst hat sich engere Schranken gezogen; sie hat längst den Jung- und Schönbrunnen entdeckt, soweit er in der vergänglichen Welt erreichbar ist. Sie spricht von der Hygieine, welche ein frühzeitiges Krank- und Welkwerden verhüten soll. „Lebt naturgemäß, meidet Modethorheiten, glaubt nicht den Geheimmittelkrämern, die euch Giftpomaden anbieten, und ihr werdet lange leben und lange schön bleiben", das ist ihr Rezept!
Wie viel Artikel in Zeitungen, wie viel Bücher sind schon darüber geschrieben worden! Es scheint beinahe gewagt, die Leser und namentlich die Leserinnen von neuem mit Belehrungen über die Pflege der Haut, der Haare und der Zähne zu belästigen, und doch weiß der Arzt, daß es nöthig ist, denn viele werden krank in dem Bestreben, sich schön zu machen!
Viele gute Bücher werden nicht zu Ende gelesen, weil sie zu trocken, zu pedantisch geschrieben sind. Namentlich die Frauen möchten über solche Fragen nur plaudern, anstatt gründliche Auseinandersetzungen hören zu müssen. Diesen Ton trifft ein italienisches Büchlein „Die Hygieine der Schönheit" von Paul Mantegazza, das in einer deutschen Ueber- setzung erschienen ist (Verlag von Heinrich Matz, Königsberg i. Pr.). Es ist eine anregende Plauderei über die Kunst, die Schönheit zu erhalten, und aus der Plauderei ergeben sich die wichtigsten Regeln von selbst.
Die Rathschläge Mantegazzas sind leicht zu befolgen. Um das frühzeitige Ergrauen der Haare zu verhüten, soll man nur folgendes thun:
„Vermeide alles Uebermaß, das den Organismus schwächt. — Sei immer zufriedenen Herzens. — Bürste und reinige oft den Kops. — Gieb nie einen Pfennig für Pomade oder kosmetische Mittel aus, die als wirksam gegen das Erbleichen der Haare angepriesen werden. Schneide das Haar häufiger als gewöhnlich, sobald es ansängt grau zu werden."
„Manche reißen sich," fährt er dann fort, „die grauen Haare aus, so lange es nur wenige giebt; doch will Brown-Sequard beobachtet haben, was aber-noch weiterer Bestätigung bedarf, daß, sobald ein graues Haar ausgerissen wird, an derselben Stelle gleich drei oder vier andere erscheinen. Das erinnert mich an den Gebrauch einiger Pferdehändler, die, um ihre Pferde mit einem weißen Stern aus der Stirn zu zieren, an einer und derselben Stelle beständig Haare ausreißen."
Mantegazza bespricht auch ausführlich die Kleidung und widmet u. a. dem Frauenhut folgende Worte:
„Vom Frauenhut ist es überflüssig zu sprechen, denn er ist ein Ding, das nicht vorhanden ist oder dem Bereich der Archäologie angehört. Der Frauenhut der Gegenwart ist eine Ausstellung von künstlichen Blumen
oder Pflanzen, von Vögeln oder nachgebildcten Früchten, oder er ist ein falscher Zopf oder ein Netz oder sonst etwas, nur kein Hut.
0, warum nimmt unser heutiges schönes Geschlecht nicht wenigstens jene braven Frauen zum Vorbild, die Ende vorigen Jahrhunderts ihren Kopf in kleine Gärten umwandelten, in denen lebende Pflanzen wuchsen und natürliche Blumen aufbrachen? Es wäre das immer besser, als den Kopf zu einem Museum der Vogelkunde oder zu einer Leichenhalle zu machen. Lesen wir, was die Frau Baronin von Oberkirch unterm 6. Juni 1782 in ihren Memoiren schreibt:
,Jch mußte mich frisireu lassen und in Staat werfen, nur mich nach Versailles zu begeben. Diese Hoftoiletten dauern eine Ewigkeit, und der Weg von Paris nach Versailles ist sehr mühsam, besonders wenn um:: achtgeben muß, daß die Unterröcke und Faltensäume nicht ruinirt werden. Ich wollte zum ersten Male einen Kopfputz versuchen, der sehr unbequem, aber sehr in Mode war; einige platte und der Form des Kopfes entsprechend gebogene Fläschchen, die etwas Wasser enthielten und in welche sodann natürliche Blumen mit ihren Stengeln hineingesteckt wurden. Dao gelang nicht immer, aber wenn es gelang, war es doch etwas Schönes. Der Frühling auf dem Kopfe, inmitten des schneeweißen Puders, das war von bezaubernder Wirkung?"
Die Frauen werden die Hygieine der Kleidung nach Mantegazza nicht verwerfen, denn er stellt den Satz auf: „Das Weib mag sich schmücken, der Mann soll sich kleiden." Auch die Wollenen werden mit imn zufrieden sein, denn er führt den Ausspruch Shakespeares an, daß im Flanell eine Art Zauberkraft stecke, und sagt: „Wolle und weiße Farbe, in diesen Worten sind drei Viertel der Hygieine der Kleidung enthalten!" Ebenso muß er die Schneider auf seiner Seite haben; denn er lehrt ja: „Mit dem Schneider ist's wie mit dem Arzt: er darf nur so selten wie möglich gewechselt werden."
Für Salben, Pomaden, Waschwasser rc. wird man vielleicht in anderen Werken neuere und mitunter bessere Anweisungen finden; bessere Grundsätze der Hygieine der Schönheit aber gewiß nicht, und darum dürfte auch die Vertiefung in das Büchlein, ein Plauderstündchen bei dem Florentiner Professor Mantegazza, für alle, die in Betreff ihrer Schönheit konservativ gesinnt sind, nicht nur unterhaltend, sondern auch nutzbringend seiu. *
1. G. Arscher- der Nestor der schwäbischen Dichter, dessen gemüth- reiche und stimmungsvolle Poesien unfern Lesern wohl vertraut sind, hat an seinem späten Lebensabend den Verlust der geliebten Gattin zu beklagen, und seinem Schmerze um die theure Entschlafene giebt er in den folgenden Strophen einen ebeuso ergreifenden wie hochpoetischen Ausdruck.
Der Gattin Tod.
Nun liegst du im Grabe mit ihm vereint,
Deinem Erstling, den du so heiß beweint.
Was ihr redet zusammen — ach wer weiß?
Die Todten flüstern nnd hören leis.
Nur wir Armen, o Gott, die da oben geh'n,
Wir dürfen kein Wort von euch vcrsteh'n.
Ich gehe dein Lager um und um,
Das verlassene— wie still! wie todtenstumm!
O ein Wort nur, du einstiges Lebensglück!
Doch mein eigenes Wort nur hallt zurück.
Mich fragen die Wände durchs ganze Hans:
Wie gehst du nur selbst noch ein und aus?
Die Blumen vorm Fenster schau'n herein:
Wo mag denn heute die Sonne seiu,
Die wir da drinneu so oft geselsn Mit den Himmelsaugen vorübergeh'n?
O arme Blumen, die schied so weit,
Daß ich weine und weine die ganze Zeit. I. G. Fisch er.
Gin Geschichkswerk von Karl Biedermann, das einen Abschnitt der neuen oder neuesten Geschichte behandelt, wird immer willkommen geheißen werden, einmal weil der Verfasser durch seine lange parlamentarische Laufbahn oft in der Mitte der Ereignisse stand und mit hervorragenden Persönlichkeiten in nächste Berührung kam; dann aber auch, weil die Darstellungsweise Karl Biedermanns frei von jeder Manier, durchaus verständlich und volksthümlich ist. Diese Vorzüge hatte schon sein Werk „Dreißig Jahre deutscher Geschichte l840 bis 1870" und sie finden sich nicht minder in der „Ergänzung nach rückwärts", die er jetzt demselben hinzufügt, in der Schrift „1815 bis 1840. Fünfundzwanzig Jahre deutscher Geschichte", welche in zwei Bünden vorliegt (Breslau, S. Schottländer).
Wir erfahren zunächst aus dem Werke, wie der Wiener Kongreß über das Schicksal der Völker verfügte. Von besonderem Interesse sind die Verhandlungen über die sächsisch-polnische Frage; die Charakterköpfe der hervorragenden Diplomaten sind ungezwungen in die Schilderung der Vorgänge eingefügt; wir sehen, wie aus verschiedenen Entwürfen heraus sich die deutsche Bundesakte gestaltete. Dann wird eine kurze, aber sehr- lebendige Schilderung des Krieges von 1815, der Schlachten bei Lignp und Belle-Alliance eingeschoben. Wir wenden uns darauf den inneren Vorgängen in Deutschland zu: der Gründung der Burschenschaft, dem Wartburgfest, der Ermordung Kotzebues durch Sand und der rückläufigen Bewegung, welche dem studentischen Aufschwung folgte und ihn: ein jähes Ende bereitete.
Die preußische Kamarilla, welche den Sieg über den widerstrebenden Staatskanzler von Hardenberg davontrug, wird in ihren Hauptvertretern und in ihren eifrigsten Schergen geschildert. Es ist eine Zeit, welche noch