Heft 
(1906) 07
Seite
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Muster geradezu begeistern. Ihre Freude war so herzlich, ihr Schön­heitssinn so lebhaft, daß ihre Koketterie dahinter säst verschwand.' Es klang so naiv, wenn sie sich ausnialte, welche Farbe das Seiden­band für dieses, für jenes Wäschestück haben müßte, damit daS Ganze wirklich stilvoll und einheitlich wirkte. Sabine mußte über ihren Eifer manchmal lächeln; sie vergaß es oft ganz und gar, daß sich's um die Ausstattung ihrer Stiefmama handelte. Oft kam ihr's vor, als wäre Asta viel, viel jünger als sie.

Sichtlich erschrocken fuhr Asta zusammen, als ihre Freundin den Namen von der Karte ablas. Unwillkürlich warf sie den Deckel der obersten Pappschachtel zu.

Hierher werden wir ihn natürlich nicht bitten lassen!" meinte Sabine neckend, als sie Astas Bestürzung gewahrte.

Sofort wußte Asta sich wieder zu fassen, und nun lachte sie über ihren ersten Schreck selbst mit.

(Fortsetzung folgt.)

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Adolf Adam Oberländer.

Von Fritz v. Ostini.

ie ungeheure Volkstümlichkeit, die Meister Oberländer in Deutschland genießt, ist nicht allein erklärt mit der lang­dauernden und weiten Verbreitung des Blattes, für das er seit mehr als 40 Jahren schafft, der MünchenerFlie­genden Blätter". Andere, ebenfalls treffliche Künstler dieser Zeitschrift sind lange nicht so populär geworden wie er. Manche, wie Fritz Steub, sogar viel weniger, als sie's ver­dienten. Und Oberländers Ruhm ist gleich groß bei denen, die nichts weiter wollen als lachen, wie bei denen, die künstlerische Qualitäten ver­stehen. Dieser Ruhm hat allen Wandel der Mode über­dauert, vor ihm ziehen die Jungen, die in der Karikatur was ganz anderes wollen als er, ebenso den Hut wie die Alten. Dabei hat der Mann, aus dem wir uns alle so viel machen, überhaupt nie etwas aus sich gemacht! Er ist, wie die beiden anderen ganz großen Humoristen, die wir noch in Deutschland haben, Wilhelm Busch und Wilhelm Raabe, eine zurückgezogene, beschau­liche, fast scheue Natur, ein Künstler, der alles intuitiv aus seinem Innern heraussieht, ein Menschenkenner, von den: niemand weiß, woher er die Menschen überhaupt kennt.

Aber er kennt sie! Oberländer ist eben einer von denen, die immer schauen! Und dann das sehen, worauf es an­kommt! Man braucht nur die klaren, tiefen und gütigen Augen auf dem Bildnis von seines Freundes Lenbach Hand aufmerksam zu betrachten: die ganze Erklärung für Oberländers Art kann man aus diesen Augen lesen. Im übrigen ist dies wunder­volle Bildnis wohl eine der ersten Perlen aus Lenbachs Schaffen. Dieser war selbst ein Mensch von starkem und warmem Humor und verehrte Oberländer so begeistert, daß er auch sein Bestes geben mußte in diesem Bildnis. Er hat einmal in seiner bekannten, schalkhaft übertreibenden Art gesagt, in München gebe es nur drei Künstler. Und dann nannte er sie. Er selber war nicht darunter, aber Oberländer war der Erste! Lenbach, der selbst, wie man nicht mehr zu sagen braucht, ein großer Charakteristiker war, würdigte Ober­länders bedeutsamstes Talent, eben das, zu charakterisieren, besser als irgend ein anderer. Oberländers Menschen leben!

Sie sind nur in bestimmten Fällen zur Groteske übertrieben, oft genug schlechthin Abbilder der Wirklichkeit, nur mit genialem Blick von ihrer komischen Seite gesehen. Das Wort Karikaturist stimmt nicht, wenn man es auf ihn anwendet. Er ist mehr,

denn er geht tiefer und nimmt seine lustige Sache gründlich ernst. Wenn man ihn richtig einschätzen will, muß man ihn hin und wieder einmal als Gesamterscheinung vornehmen und die zwölf Bände Ober­länderalbum durchblättern, die eine Auslese des Besten, was er geschaffen hat, enthalten. Dann kommen die erstaunlich mannigfaltigen Zeichnungen ganz anders zur Geltung als in der Gedrängtheit und dem störenden Nebeneinander der Wochenschrift, und man sieht eigentlich erst so recht und sieht es mit Staunen, welche Schöpferkraft man vor sich hat. Man sieht aber noch allerhand anderes. Zum Beispiel, daß eine gewaltige Anzahl dieser Zeichnungen schon im Gedächtnis der Mit­welt ihren Platz hat als eine Reihe abgerundeter, ihr Thema voll erschöpfender, in ihrer Art klassischer und typischer Kunstwerke, von denen jedes seine Einzelwirkung hat, so gut wie irgend ein Ölbild, eine Bildhauerarbeit, ein Ge­dicht oder ein Musikstück. Das kann man durchaus nicht von allen humoristischen Zeichnern sagen. Die meisten wirken nur in der Kontinuität, das Einzelne vergißt man. Aber unter Oberländers Zeichnungen sind ganz unglaublich viel künstlerische Taten, manche von fast monumentalem Wert: Biehmarkt in Timbuktu", dessen Originale Lenbach mit be­sonderem Stolz sein Eigen nannte,Kritikers Traum", Die resultatlose Volksversammlung",Der Konzertbildhauer", Der Alpenball bei Kommerzienrats",Der Biß in die Zitrone", die unübertroffene Serie von Gemäldeparodien, Der Kuß",Alt-Athen und Isar-Athen",Häuser her!" Aber wenn man anfängt aufzuzählen, zählt man ja sein ganzes Werk auf! All diese Blätter sind Werte, die fest­stehen, bleibender Gewinn für den, der sie einmal erkannt und genossen hat. Aus dem Flotten Zeichenstrich und dem gegenständlichen Witz allein erklärt sich das nicht. Wohl aber erklärt es sich aus der Anziehungskraft des Temperaments,

A. Oberländer.

Gemälde von F. v. Lenbach.

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