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sind ausgereift, abgewogen und abgeklärt bis ins Letzte. Er kennt kein oberflächlich genialisches Hinwerfen, er legt seine Liebe in jede Einzelheit wie in die Komposition, er behandelt jede Zeichnung als ein Bild. Man hat Oberländer nach dieser Richtung sicher noch gar nicht genug gewürdigt.
Er ist ein Meister der Komposition, und in den Tausenden von Zeichnungen, die er für die „Fliegenden" vollendet hat, stek- ken wenigstens Hunderte von Bildern, die nur der Übersetzung in die Farbe und ein größeres Format harren. Das hat sich ganz überraschend gezeigt, als er vor etwa zehn Jahren zu malen begann.
Eine Anzahl der farbigen Bilder, mit denen er der Welt bewies, daß der Oberländer auch noch was anderes kann, als mit der Feder zeichnen, geht auf alte Illustrationen aus den „Fliegenden Blättern" zurück. Das pompöse große Aquarell „Noahs Weinschenke" bildet den Schluß einer Vilderserie von 1878: „Wie Noah den Wein erfand"; das „Paradies", das im Vorjahre Aufsehen machte, war als Zeichnung schon vor 25 Jahren in den „Fliegenden Blättern" zu sehen, und der „Kampf mit dem Drachen", dies gemütlich parodistische Ritterstück, war in seinen Uranfängen das Kopfstück zu einer Ballade „Hinko von Donnershorst, der finstere Ritter". Oberländer hat das Gebiet des humoristischen Zeichners allein nie genügt. Seit ihn die Not ums Brot von der Malerei
weg auf dies Gebiet führte, und seit ihn der Erfolg auf diesem Felde erhielt, hat ihn die Sehnsucht, zu malen, Bildmäßiges zu schaffen, nie verlassen. Und diese Sehnsucht lebte er nun
auf ganz eigene, für den, der näher zusieht, rührende Art in ^ seinen Zeichnungen aus. Wo ein anderer sich mit ein paar lustigenFigurenbe- gnügt hätte, gab er eine wertvolle und reiche Komposition, gab er dekorative Schöpfungen, Stimmungen, oft neben dem Humor lyrische Poesie. Wie eminent malerisch Oberländer alles sah, haben wohl die wenigsten bemerkt; der feine Strich seiner Federzeichnung täuschte darüber weg. Oft genug brauchte es, wie schon angedeutet, nur einer geringen Umarbeitung, und es würden bei entsprechender Vergrößerung schöne und ernsthafte Wand- und Staffeleibilder aus seinen übermütigen Illustrationen. Wenn er eine Landschaft als Hintergrund der Szene ausführt, so ist sie oft geradezu schön, manchmal großartig, immer charakteristisch. Ein feiner Humor steckt auch oft in diesen Landschaften, ein so feiner, daß ihn nicht viele als Humor verstehen. Gesehen ist alles an Menschen, Tieren und Dingen, nichts gleichgültig, alles eindringlich behandelt — in allem steckt Liebe. Und das ist ein alter und wahrer Satz: Die Liebe, die ein Künstler an sein Werk wendet, kommt als Intensität der Wirkung immer wieder zum Vorschein. Auch in der
Der Biß in die Zitrone.
(Aus dem Skizzenbuch des kleinen Moritz-)