Heft 
(1906) 09
Seite
188
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Indianische Korbmacher.

Von M. Äagenau.

^m Süden der Vereinigten Staaten, westlich vom Felsen- gebirge, erstreckt sich ein weites Gebiet, das lange Zeit als schlimme Wüste übel beleumundet war.An den Ufern

der vorhandenen zwei oder drei Flüsse, die wahrend der Trockenzeit versiegen, konnte wohl mit Hilfe künstlicher Boden­bewässerung eine sehr beschränkte Bewirtschaftung stattfinden, aber darüber hinaus trug die lebende und leblose Natur den echten Wüstencharakter: Jede

Pflanze war mit Dornen, jedes Tier Stacheln bewehrt. Mit dem losen Sande trieb der Wind sein Spiel, und schmerzend wendeten sich die Augen von den Glutwellen ab, die über den nackten Felswän­den zitterten." So schildert Heinrich Semler den Eindruck, den Arizona auf ihn gemacht hatte, als er das verrufene Gebiet vor Jahrzehnten zum ersten Male bereiste. Eben­so trostlos erschien das Land den Spaniern, als sie in dieses schon im sech­zehnten Jahrhundert auf der Suche nach dem sagen­haften, goldreichen Cibola eindrangen. Zu ihrem Erstaunen fanden sie aber dort eine wenn auch spär­liche ackerbautreibende Be­völkerung; Rothäute, die in eigenartigen Pueblos oder Dörfern wohnten.

Auf schwer zugänglichen Tafelbergen waren sie wie große Burgen oder Kasernen aus massiven Feldsteinen errichtet oder auch in den Berg selbst hineingebaut. Kein Tor führte in die Erdgeschosse, auf Leitern mußte man die oberen Stockwerke erklimmen, um in das Innere dieser sonderbaren Behausungen zu gelangen. Burgen waren es, die den friedliebenden Men­schen Zuflucht vor feindlichen Angriffen boten; vom Norden und vom Westen her drängten gegen dieses Gebiet wilde Herden nomadisierender Indianer, darunter die verrufenen Apatschen, diesewildesten, treulosesten und mordgierigsten Bestien in Men­schengestalt".

Die Pueblo­indianer standen zwar nicht auf einer so hohen Kulturstufe, wie sie bei den Mexi­kanern gefunden wurde, aber vor ihren nord ameri­kanischen Nach­barn zeichneten sie sich vorteilhaft aus. Sie waren Ackerbauer und hatten Haustiere, sie waren auch bewandert in ver­schiedenen Gewer­ben, weit und breit galten sie als die besten Töpfer,

Abb. 1. Flechten der Moquikörbe.

Abb. 2. Apatschensrau beim Flechten waperdichter Körbe.

und sie verstanden auch gleich den Mexikanern aus Vogeb federn wunderbare Stoffe, Mäntel und Kleider zu fertigen. Berühmt waren auch ihre Flechtarbeiten, ihre Matten und Körbe. Schon damals hatten sie aber den Höhepunkt ihrer Macht überschritten; denn zahlreiche im Lande zerstreute Ruinen der Pueblos zeugten davon, daß dieser Jndianerstamm einst doch zahlreicher und wohlhabender gewesen war.

Die Spanier blieben nicht lange im Lande. Erst um die Mitte des vorigen Jahr­hunderts kamen wieder Weiße in größerer Zahl. Diesmal betraten sie das Land vom Westen her, über das Felsengebirge; Nord­amerikaner waren es, und in ihrer bewährten Tatkraft nah­men sie den Kampf gegen die unwirtliche Wüste und die wilden Apatschen auf. We­nige Jahrzehnte vergingen, Eisenbahnen durchzogen das Land; wagfreudige Bergleute hatten Städte gegründet, ihnen waren Viehzüchter und dannAcker- bauer gefolgt. Das feh­lende Wasser suchte und fand man in der Erde. Ich mußte es erleben," schrieb Heinrich Semler zehn Jahre nach seiner ersten Reise,daß Arizona mit seinen prächtigen Pfir­sichen und Trauben wett­eifernd Kalifornien gegenübertrat, und da, wo ich glaubte eine ewige Wüste zu schauen, knistern nun goldene Ährenfelder."

Diese großen Wandlungen der Kultur brachten aber den Ureinwohnern keinen Nutzen. Obwohl ihre schlimmsten Feinde, die Apatschen, gebändigt wurden, konnten die Puebloindianer sich doch nicht aufraffen. Sie leben zerstreut in ihren Dörfern, ein Teil noch nach alter Väter Sitte, während ein anderer die Lebensgewohnheiten und Kleidung der Weißen angenommen hat. Aber sie schwinden langsam dahin, immer geringer wird die Zahl der Moqui, Zuni und wie sonst die Stämme heißen. Einem

sind sie aber treu geblieben, ihrem alten Kunstgewerbe. Die schönen federbekleideten Ge­webe fertigen sie allerdings nicht mehr, aber noch immer sind sie Meister in der Töpferei, und noch immer flechten ihre Frauen Matten und Körbe, die wegen ihrer Dau­erhaftigkeit, sorg­fältigen Arbeit und wegen ihrer schönfarbigen ei­genartigen Muster das Entzücken der Fremden erregen. Wenn der Reisen­de auf der Eisen­bahn im Fluge