Dort benutzten die Eingeborenen hölzerne Kochgeschirre, die zum Schutze gegen das Feuer außen mit einer Lehmschicht überkleidet waren. Lösten sich beide Teile voneinander, so blieb ein Tongeschirr übrig. Ähnliche Versuche wurden auch mit Körben gemacht, und so erhielt man Tontöpfe. Nachdem diese Entdeckung einmal gemacht worden war, gab man sich nicht mehr die Mühe, wasserdichtes Geflecht herzustellen; man flocht nur einen lockeren Korb, kleidete ihn innen mit Ton aus und setzte ihn ins Feuer. Die Flamme verzehrte das äußere Gehäuse, der Topf blieb übrig, und seine äußere Wand zeigte den Abdruck des Korbgeflechtes. Dadurch entstand ohne Absicht ein Ornament. Daß man ursprünglich in dieser Weise verfuhr, ist sicher erwiesen. In der Nähe von St. Louis wurde eine alte Töpferwerkstatt der Rothäute entdeckt, in ihr fand man auch halbfertige Gefäße, d. h. Körbe aus Binsen oder Weiden, die innen mit Ton ausgestrichen waren. Auch die ältesten Tonscherben, die inan aus vorgeschichtlicher Zeit auf europäischem Boden gefunden hat, zeigen vielfach deutliche Abdrücke desKorb- geflechtes, das als Form gedient hatte. Als man später andere Verfahren zur Herstellung von Gefäßen benutzte, brachte man an ihnen künstlich durch Beize und Farben das altgewohnte Ornament an, und so zeigen die ältesten keramischen Funde fast durchweg als Verzierung das Flechtmuster.
Es liegt auf der Hand, daß die Erfindung der Keramik mit der Zeit die Korbflechterei nachteilig beeinflußte. 'Das Tongefäß machte für viele Zwecke den Korb entbehrlich. Den gleichen Einfluß mußte auch die Ausbildung der Webekunst haben; das Tuch wurde der geflochtenen Matte vorgezogen. Einst war die Flechtkunst das Gerneingut aller Menschen, jede Frau übte sich in ihr; später wurde sie entbehrlicher und blieb schließlich nur in den Händen bestimmter Gewerbetreibender. Einzelne von ihnen schufen weiter Kunstwerke auf diesem Gebiete, im großen aber wurde die Ware weniger schön. Die Blütezeit der Flechtkunst fällt darum gewiß in die Zeiten, die
wir bei uns schon zu der Vorgeschichte Zählen. Es erhellt auch daraus, warum die Indianer Nordamerikas in ihren Flechtwaren so Gutes leisten.
Biele Stämme der Rothäute kannten, als sie mit den Weißen in Berührung kamen, die Keramik überhaupt nicht und standen im Weben Zurück. Sie hatten im allgemeinen die Stufe des Flechtens noch nicht überschritten. Unfähig, die hohe Kultur des weißen Mannes anzunehmen, gingen sie allmählich zugrunde, und die Reste ihrer Rasse zeichnen sich noch aus in einer Fertigkeit, die im Laufe langer Zeiten von Geschlecht zu Geschlecht sich vererbte. Wenn auch die Erzeugnisse der Moqui ganz besonders gerühmt und bewertet werden, so findet man geübte Korbmacherinnen in sehr vielen anderen Stämmen. Der Reisende, der die herrlichen Szenerien des Posemitetales bewundert, erblickt am Wege häufig ein runzliges Jndi- anerweib, das eine Wasserschale vor sich, die zierlichen Rutenbündel und Binsen biegsamer macht und geschäftig Zu Körben verflicht (Abbildung 4). Besucht man die Pimas, nahe Verwandte der Pueblo indianer, die an den Ufern des Gilaflusses langsam dahinsiechen, so begegnet man den nämlichen Kün sten und erfährt auch, daß die Neuzeit die Flechtkunst verdirbt. Eigenartig und mit geschmackvollem Muster versehen ist noch der Tragkorb, in dem das alte Pimaweib auf unserem Bilde (Abbildung 5) das gesammelte Holz heimträgt. Es steht da eine Gestalt vor uns, die noch einen ausgeprägten Charakter hat und in ihr Werk etwas Besonderes hineinzulegen versteht. Nüchtern ist dagegen der Warenkorb, über dem ein Kinderkops hervorlugt (Abbildung 6): ein trockener Handelsartikel für praktische Geschäftsleute, die für ein Ornament nicht einen Cent zahlen.
Die Welt hat aber mehr Geschäftsleute als Kunstliebhaber. So geht auch unter den Indianern dies älteste Kunstgewerbe der Menschheit, die Flechterei, langsam, aber unaufhaltsam zurück.
Abb. 6. Warenkorb.
WM
MM
Der Damenseind.
(1. Fortsetzung,) Erzählung von Gertrud
inen Augenblick hatte Arnold Schmidt geschwankt: erst in die Bleibtreustraße? Oder gleich in die Kirche? Dann rief er dem Kutscher Ursulas Adresse zu.
Zu spät kam er ja auf jeden Fall. Mit den: Brautführer war es nun nichts. Den Schmerz mußte er Fritz antun. Sein „bester Freund" und der „Herta ihre Beste" — schade!
Was hatte die Unglückliche wohl angefangen? Saß die noch zu Hause und wartete auf ihren Wagen, ihren Kavalier, ihren — —
Franke-Schiev elbein.
„Himmel!" Nie in seinem Leben hatte Arnold Schmidt einen so langen, fürchterlichen Fluch zustande gebracht wie in dem Augenblick, da er den Strauß suchte, wie eine Stecknadel in allen Ecken und Winkeln des Wagens suchte —- und nicht fand.
Dies war aber auch der Höhepunkt seiner Leiden.
Seine auf die Spitze getriebene Verzweiflung über die raffinierten Martern dieser letzten Stunde schlug plötzlich in ihr Gegenteil um. Er lachte, ein köstlich befreiendes, herzerweiterndes Lachen, bei dessen lustigem Staccato er's ordentlich