Heft 
(1906) 20
Seite
413
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ZIIMrierie; familienblatt. ^ e-g,a»ck°, ««n cm;, ^-«i ms».

2u begehen ohne frsuenblati m wöchentlichen NUMMSM vierteljährlich 2 M. oöer in vierrehntäglichen DoppelNUMMeM ru je ZS Pf.; mit frsuenblatt in wöchentlichen Hellen ru je 2§ ?l. oäer in vierrehntäglichen ÜSPpelliefieN ru je SS Pf.

Georg Bangs Liebe.

Roman von Aarl Rosner.

(6. Fortsetzung,

err Franz Schneeberger hatte eine kleine Erbschaft gemacht nicht ein Vermögen, aber doch immer­hin eine Summe, die ihm wie ein Vermögen er­schien. Ein Onkel von ihm, ein alter Herr, der als Pfarrer im Mährischen gelebt hatte und an den er kaum jemals gedacht hatte, war gestorben.

Als er der Frau Marie Bang von diesem Todesfall, der ihn nicht weiter tief berührte, sprach, da meinte sie:

Vielleicht erben Sie etwas von dem Hochwürdigen Herrn."

Aber er hatte nur hastig den Kopf geschüttelt.

Erben? Nein, nein, Frau Bang, so gut meint's das Leben mit unsereinem net. Und dann, ich glaub' net, daß mei' seliger Onkel überhaupt 'was hinterlassen hat außer seine paar Möbel und Bücher. Wenn er sich aber vielleicht was derspart hätt', dann hat er das jetzt sicher irgend einer frommen Stiftung hinterlassen. Vielleicht, daß er sich ein paar Messen für sei' Seel' im Fegefeuer ang'ordent hat obwohl er ja net g'rad' von die Frömmsten einer war. Js' auch schon bald wieder zwanz'g Jahr' her, daß ich ihn damals g'seh'n Hab'; wie ich als Gehilf' in Prag war, bin ich amal zu Ostern auf zwei Tag bei ihm g'wesen. War a lieber und a guter Herr sonst, der Hochwürden. Zwanz'g Jahr-"

Herr Franz Schneeberger schüttelte sinnend den Kopf, und damit war damals für ihn und Frau Marie Bang das Ge sprach über den seligen Hochwürdigen Herrn beendet. Dann wurde zwischen ihnen sein Name kaum noch ein- oder zweimal genannt, bis etwa acht Tage darauf ein Brief von dem k. k. privilegierten Notar Doktor Wenzel Jadlizek in Brünn an Herrn Schneeberger kam, in denr diesem in geschraubtein Juristendeutsch angekündigt wurde, daß sein verstorbener Verwandter ihm den Betrag von zehntausend Gulden sowie einen Teil der Einrichtung der Pfarrwohnung testamentarisch vermacht hatte.

Mit rotem Kopf und steigender Erregung las Herr Schnee­berger dieses Schreiben, als er mittags auf einen Sprung nach Hause kam, und er hatte es noch nicht zu Ende gelesen, als er auch schon damit in das Zimmer der Frau Bang hinüber­stürzte. Dort aber, wie er Georg und dessen Mutter am Tisch vor den Tellern mit der Suppe sah, da lachte er nur ein wenig und trat zum Fenster und versuchte wieder, sich in dem Brief des Doktor Wenzel Jadlizek zurechtzufinden.

Mit beiden Händen hielt er das Papier vor sich, und dennoch zitterte der Bogen vor seinen Augen. Und ein erregtes,

bebendes Lachen wollte ihm in die Kehle steigen er konnte wieder nicht zu Ende lesen. Er sah nur auf, zu der Frau Bang hinüber, und mit einer Stimme, in der ein tief glück­liches Lachen, wie ein Streicheln und wie Rührung und Zärt­lichkeit, bebte, sagte er:

Jadlizek der Böhm, der blöde! Wann ma's nur verstehn könnt', das Krawatendeutsch! Frau Bang wissen S', was der Kerl will? A Geld hat er mir vermacht, der selige Hochwürden zehntausend Gulden und schreiben tut er's so auf'blaht, der Tepp dieser Jadlizek, mein i' daß i' erst net g'wußt Hab, soll i' zehntausend Gulden Straf' zahl'n, weil der alte Herr g'storben is', oder krieg i' das Geld"

Und nun lasen sie den Brief zusammen, und lasen ihn immer wieder. Die Suppe auf dein Tisch wurde kalt darüber, und Herr Schneeberger, der nach dem Mittagsessen nur auf einen Sprung nach Hause gekommen war, dachte in der Er­regung über dieses Glück, das ihm da zugefallen war, gar nicht daran, daß es doch eigentlich höchste Zeit für ihn war, wieder ins Geschäft zu gehen. Wie ausgewechselt war er, leb Hafter, zuversichtlicher machte ihn diese frohe Botschaft.

Jetzt so was, Frau Bang! Zehntausend Gulden! Wann ma' denkt: seit zwanz'g Jahr spar i' jeden Gulden, den i' net notwendig brauch, und kaum a bissel über tausend Gulden Hab i' z'ammenkriegt und jetzt zehntausend Gulden aus einmal! Ob i' hinfahr'n muß zu dem Jadlizek, was meinen S', Frau Bang? Und sicher wird's doch derweil sein, dort, das Geld?!"

Und Frau Marie Bang mußte auf hundert Fragen Antwort geben; Herr Franz Schneeberger, der sonst alles so unbedingt genau und sicher wußte, der brummige und überlegene Herr Franz Schneeberger war in der einen Welle des Glücks, die über ihn gegangen war, ein anderer geworden. Die starre Weisheit all seiner Scharteken war wie weggeschwemmt, und ungezählte Fächer seines Herzens, die sonst immer verschlossen waren, sprangen auf. Sie aber freute sich mit ihm, und ihre Augen waren feucht vor Freude.

Mein Gott, was so ein Glück den Menschen gleich ganz anders macht! dachte sie. Förmlich jünger kam ihr der Herr Schneeberger jetzt auf einmal vor die Augen hatten einen frischen Glanz, die Wangen Farbe, und auch das Haar schien ihr jetzt nicht so grau wie sonst. Ein beinah' mütterliches Fühlen kam über sie.

1906. Nr. 20.

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