Heft 
(1906) 35
Seite
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vier Seepferde angebracht und der Figur in die rechte Hand den Dreizack gegeben.

Die Erde hatte ich weiblich gebildet, von so schöner Gestalt und so anmutig, als ich nur wußte und konnte. Ich hatte neben sie einen reichen, verzierten Tempel auf den Boden gestellt, der den Pfeffer ent­halten sollte." Die übrige Beschrei­bung des Entwurfes stimmt nicht mit der Ausführung. Der Kardinal konnte wegen Geldmangels das Modell nicht ausführen lassen, förderte die Sache aber dadurch, daß er Cellini dem König Franz I. von Frankreich vorstellte, in dessen Auftrag das Salzfaß mit Zu­ziehung deutscher Gehilfen in Arbeit genommen und 1543 vollendet wurde. In den Besitz des österreichischen Kais erhaus es gelangte

dieser unvergleichliche Tafelaufsatz durch den Erzherzog Ferdinand

von Tirol, der bei der Vermählung seiner Nichte Elisabeth, der Tochter Kaiser Maximilians II., mit dem König Karl IX. von Frank­reich als Prokurator den Feierlichkeiten in Speyer beiwohnte. Bei der wirklichen Trauung in Mezwres verehrte der König dem Erzherzog den Tafelaufsatz, eine Onyx­kanne und einen Pokal mit dem Erzengel Michael am Knaus, die sich ebenfalls unter den Schätzen des Kaiserhauses noch vorfinden. Als ein zweites Meisterstück italienischer Renaiffancekunst ist von den Werken der Schatz­kammer ein aus dem sechzehnten Jahrhundert stammender Präsentierteller von Stahl mit er­habener Silbertauschierung zu nennen. Der graue Grund ist matt gepunzt, dieVerzw

Die Kaiserkrone aus den Kleinodien des ehemaligen Leiligen römischen Reiches deutscher Nation.

Pokal des

Kaisers Maximilian I-

runq teil ein lon zeigt die

Diana

mit zwei Hunden. Der Phan­tasiereichtum der Ornamentie- rung sowie die virtuose Aus­führung dieses Stückes sind unübertrefflich.

Unter den Arbeiten deutscher Goldschmiedekunst, die den Haupt­reichtum der Schatzkammer bilden, ragen besonders die Werke des Nürnberger Goldschmiedes Christoph Jamnitzer hervor, deren schönstes vielleicht eine in Silber getriebene ver­goldete Schüssel (Abb. S. 740) ist. Dieses Meisterwerk übertrifft in der Korrektheit der Durch­bildung noch die vielbewunderten Arbeiten Benvenuto Cellinis. In der Mitte der Schüssel ist der Triumph Amors dar­gestellt. Mittel- und Hintergrund des figurenreichen Bildes sind in Basrelief getrieben, während die vollendet schönen Figuren desVorder- grundes ganz in Relief gehalten und aufgesetzt sind. Auf dem Rand, der von einem zierlichen, durchbrochenen

aus Silber und weise vergoldet, ovales Medail- der Mitte

Tnament umsäumt wird, zeigen sich in feinster Punzierung Szenen aus Ovids Verwandlungen und aufgesetzte Grotesken, während sich auf der Rückseite außer dem als Faksimile nach­gestochenen Namenszug des Verfertigers das Nürnberger Wardeinzeichen und das von Jamnitzer geführte Goldschmiedszeichen befinden. Die Schüssel ist ohne die fehlenden Ornamente an den Seiten 65 Zentimeter lang und 53 Zentimeter breit. Auch ein zweites durch Kunstwert hervorragendes Stück der Schatzkammer gilt als eine Arbeit Jamnitzers. Es ist dies eine getriebene Kanne von vergoldetem Silber auf hohem Fuß mit Deckel und Hen­kel (Abb. S. 740). Aus den Ausbucklungen des Gefäßes sind in getriebenen Bas- reliesbildern folgende Darstellungen ersichtlich: der Sieg der Zeit, der Sieg der Wahrheit und der Sieg des Das Gefäß hat

Trinkgefäß in der Form eines Drachen aus Schildpatt mit vergoldeter Silbermontierung.

Todes.

einen Henkel, der aus feingegliederten Vo luten gebildet ist und an dessen Ansatz sich die reizend ziselierte Figur einer ihr Kind säugenden Frau befindet. Auf dem Deckel der Kanne reitet Frau Venus auf einem Schwan.

Eine deutsche Arbeit von größter Schönheit ist auch die Kokosnußkanne (Abb. S. 740)mit zierlich geschnittenen Darstellungen aus dem Leben und Treiben im Reich Neptuns. Neptun selbst, auf einem Hippokamp reitend, bildet den Schmuck des Deckels. Die Kanne hat eine Höhe von 38, einen Durchmesser von 37 Zentimetern und ist ein Meisterwerk des berühmten Augs­burger Goldschmieds A. Schwein­berger aus dem 16. Jahrhundert.

Groß ist die Zahl der so­genannten gebuckelten Pokale, die

in Doppelbecher aus Kristall.

ihren

Formen noch einen gotisierenden Zug verraten. Sehr eigenartig ist derPokaldesKaisersMaxünilianI. (siehe die linksstehende Abbildung auf dieser Seite), an wel­chem die das Gefäß umgebenden, sowie am Fuß angebrachten getrie­benen Buckel ganz naturalistisch als Birnen mit Laub und Stengeln gebildet sind. Der langgestielte Knopf des Deckels ist in Form von großen Erdbeeren ausgeführt und zeigt im Innern in schöner Email­lierung und zierlicher, heraldischer Form den kaiserlichen Doppeladler mit den Wappen von Österreich und Burgund im Herzschild.

Mehrere der kunstvollen Trinkgesäße haben aben­teuerliche Formen; so ein Trinkhorn aus Schildpatt (siehe die nebenstehende Ab­bildung), daswieeinDrachemit grim­migen: Kopf, ausgespannten Flügeln und Ringelschwanz gebildet ist, der mit seinen Klauen auf einer sich ängstlich sträubenden Schildkröte steht und auf den: Rücken einen kleinen