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Der Prunkwagen.
Von der Landshuter Lochzeit.
mit seinen Konsequenzen undenkbar gewesen wären. Und dazu halte man noch die Ermahnungen, die der „literarische Kanzler" der Provinz Schensi nach Ablauf seiner dreijährigen Amtsperiode den Studenten zu gleicher Zeit gibt: Die christlichen heiligen Bücher wie ihre eigenen sorgfältig zu studieren und den Veröffentlichungen der Gesellschaft für Verbreitung christlicher und allgemeiner Bildung besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden, um sich auf dem Gebiet der allgemeinen Zivilisation gründlich orientieren zu können!
Are <Landsl-uLer Kochzert 1475. Begünstigt von: herrlichsten Sommerwetter, vollzogen sich in den Tagen des 12. bis 15. August in der Kreishauptstadt
Landshut Festspiel und Festzug, die eine getreue Nackbildung der 1475 stattgefundenen Hochzeit Herzog Georgs des Reicher: und seiner Braut Prinzessin Hedwig, Tochter des Polenlönigs Kasimir IV., darstellen sollten. Die altertümliche Stadt war reich geschmückt,
Girlanden umschlangen Fenster und Türen, von allen Türmen und Dächern wehten die bunten Wimpel auf das lustige Treiben der Straßen herab. Der Festzug, dessen Hauptteil, den vierspännigen Prunkwagen der Braut, unser erstes Bild widergibt, gelang vortrefflich, er war reich an eigentlichen historischtreuen ' Gestalten und hatte viel schaulustige Fremde angelockl, die sich's am Abend überall auf Plätzen und Straßen wohl sein ließen bei kühlem Trunk. Solche Festspiele entbehren eines idealen Erfolges nicht: sie wecken im Volk den Sinn sür alte deutsche Art und Sitte, stärken das Selbstbewußtsein, die Vaterlandsliebe und erregen das Jnterresse für Kultur und Geschichte der Vergangenheit.
Seltsame ZZoote. (Zu dem untenstehenden Bild.) In der neuesten Zeit haben verschiedene Erfinder Patente auf Rettungsgürtel genommen, die vor dem Gebrauch mit Luft aufgeblasen werden oder auch bei Berührung nrit Wasser infolge der Beigabe bestimmter Chemikalien sich selbsttätig mit Gasen füllen.
Das Prinzip dieser Hilfsmittel, um den Menschen schwimmend zu erhalten, ist aber uralt. Schon die ältesten Geschichtsschreiber erzählen, daß in den Ländern am Euphrat und Tigris Flöße und Boote aus aufgeblasenen Ziegenhäuten gemacht würden. Noch heute benutzen dort die Eingeborenen solche Flöße und legen auf ihnen selbst die weite Talfart von Mossul nach Bagdad zurück. In andern Ländern, wie z. B. in Indien, benutzt man zu diesem Zweck die sorgsam abgezogenen Häute größerer Tiere, namentlich der Ochsen. Werden sie aufgeblasen, so bieten sie ein Boot, das den Menschen sicher trägt, und man setzt auf ihnen über breite Flüsse, wie dies unsere Abbildung zeigt. Wenigen Lesern dürfte es bekannt sein, daß solche Boote noch heute auch in Enropa benutzt werden. Das ist der Fall in einem allerdings sehr verschollenen Winkel unseres Erdteils, in dem schwer zugänglichen und noch recht wilden Albanien. Die Ziegenhäute werden mit großer Sorgfalt vom Hals aus abgezogen, alle Verletzungen werden dabei vermieden, die notwendig entstandenen Öffnungen Angebunden und dann die Häute aufgeblasen.
Drei, vier und mehr Ziegenhäute
werden nun nrit eurem Geflecht aus Rohr oder Ruten verbunden, und so entsteht ein Floß, auf das sich der Passagier legt. Der Fährmann bindet sich eine aujgeblasene Ziegenhaut vor den Leib und geleitet so watend oder schwrmmend das Fahrzeug über der: Fluß oder See. Völlig trocken bleibt der Passagier nicht dabei, aber das primitive Boot schlägt nickt um und gelangt sicher zum Ziel. Sollten die Häute ,sthlaffer werden, so können sie durch eure der Öffnungeu am Bein wieder vollgeblasen werden. Dazu ist lein besonderer Apparat nötig; die menschliche Lunge besorgt die Arbeit. Mit ihr ist auch einer der
Eingeborenen auf unserer Abbildung beschäftigt. Diese uns
seltsam berührenden, Boote sind ein interessantes Überbleibsel aus einer uralten Kultur- Periode. Das Beispiel
Albaniens zeigt, daß sie
sich auch im asiatischen
Orient noch lang erhalten werden, selbst auf Strömen, die schon von
Dampf- und Motor
booten befahren werden.
Diltmar, Landshut Phot.
Der Torwart und des Herzogs Narr.
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Boote aus aufgeblasenen Läuten.
Der Gartenlaube - Kalender
1907. Als ein guter alter Freund kommt er, die ganze Tasche voll wichtiger Neuigkeiten, lustiger Witze, ernsthaften Wissens, in Sehnsucht erwartet, mit Freuden begrüßt — der „ Gartenlaube - Kalender" vor:
1907. Noch einmal zieht, während wir die Seiten Umschlagen, in Wort und Bild an uns vorüber, was das vergangene Jahr gebracht.
Aber die Rolle des trocknen Predigers liegt ihm nicht, es will nicht nur belehren, sondern auch erfreuen und unterhalten. Weiß er dock, wie viele Hände sich ihm entgegenslrecken, wie viele Wünsche hier nach Erfüllung suchen. Sie alle werden ihre Rechnung finden beim Lesen. Haben doch unter andern W. Heimburg uud Adelheid Weber, Fritz Skowronnek und R. Greinz ihre Feder in den Dienst des Kalenders gestellt, sorgt doch eine ganze Reihe von hübschen Artileln für die Mannigfaltigkeit der Lektüre.
Are neue Kandelsakademie in Innsbruck. (Zu dem Bild auf Seite 748.) Der herrliche Neubau der Innsbrucker Handelsakademie, den unsere Photographie wiedergibt, ist am I. Januar d. I. bezogen worden. Er paßt sich im Stil — der sogenannten Tiroler Gotik — der ehrwürdigen Stadt und ihrer schönen Umgebung glücklich an. wirkt monumental und doch nicht schwer, infolge der reichen Gliederung. Der Hauptbau wird von zwei, in Form und Höhe verschiedenen Seitengiebeln flankiert und ist auf der Rückseite durch einen weiteren Bau, die Turnhalle, ergänzt, so daß der großartige Gebäudekomplex also vier Fronten zeigt, die von einem in der Mitle
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