836
eine jo machtvolle Persönlichkeit, die sie in die Mitte ihrer Erfindungen stellen konnten- Die Napoleonromane Stolles mit ihren lebendigen Schilderungen erregten damals das gleiche Interesse wie in späterer Zeit die Romane Retcliffes: „Sebastopol" und „Villa Franca", die den Zeitereignissen auf dem Fuß folgten. Neben diesen ernsten Zeitgemälden verfaßte Stolle auch humoristische Romane „Die deutschen Pickwickier", „Die Erbschaft in Kabul" und andere, in denen ein volkstümlicher Humor feine Trümpfe behaglich aus- fpielte. Auch Gedichte veröffentlichte der fleißige Vollsschriftstekker. Die erste Sammlung ward als ein „Weihnachtsbaum angezündet für unsere Armen im Gebirge", für die er auch eine „Marienftiftung", die manche Not linderte, gegründet hatte. Eine spätere Gedichtsammlung trug den Titel „Palmen des Friedens". In den weitesten Kreisen aber wurde Stolle bekannt durch seinen „Dorfbarbier", ein Volksblatt, das er von 1844 bis 1862 herausgab, und das mit naturwüchsiger Derbheit manches Schlaglicht auf die politischen und sozialen Verhältnisse warf. Der „General von Stubenrauch" durfte ungestört fortplaudern, als andere Volksblätter unterdrückt und Ernst Keils „Leuchtturm" ausgelöscht worden war. Mit Ernst Keil war Stolle schon früher durch den Grimmaer Verleger Philippi bekannt gemacht worden. Stolle hatte lange Jahre hindurch seinen Wohnsitz in Grimma. Jetzt übernahm Keil den Verlag des „Dorfbarbiers", dem er einen größeren Absatz durch bessere Ausstattung und vollkommenere Illustrationen verschaffte. Als Keil, der wegen feiner Betätigung an den Maiunruhen noch nachträglich verurteilt worden war, in seiner Zelle in Hubertusburg den Plan zur „Gartenlaube" entworfen hatte, war es ihm wegen Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte lange Jahre unmöglich, als Herausgeber und Redalteur für sein neues Unternehmen einzutreten. Die „Gartenlaube" erschien zuerst als Beiblatt des „Dorfbarbiers", und Stolle
zeichnete als verantwortlicher Redakteur noch bis zum Jahre 1865. Von Grimma war er 1855 nach Dresden übergesiedelt, wo er am 29. September 1872 starb.
Ludwig Jung. (Zu der untenstehenden Abbildung.) Der am 12. September in Feldafing an: Starnberger See erfolgte Tod Ludwig Jungs, des Vorsitzenden des Bayrischen Landes-Feuerwehrausschusses, bedeutet für das gesamte deutsche Feuerschutz- und Feilerlöschwesen einen schweren Verlust. Ludwig Jung war von Geburt kein Bayer, erwürbe am 2. April 1835 zu Darmstadt geboren, aber er siedelte ^chon nach Beendigung seiner Studien nach München über, war dort als Inspektor der Aachen-Münchener Feuerversicherung tätig und hat fortan sein ganzes Leben und Wirken in den Dienst des Feuerwehrwejens, namentlich des bayrischen, gestellt. Als Jung seine Tätigkeit begann, lag dieses sehr danieder, er gründete deshalb mit andern am 10. September 1866 die Freiwillige Feuerwehr Münchens, in der ihn das Vertrauen der Mannschaft an die Stelle des zweiten Vorstandes berief. Später rückte er zum ersten Vorstand auf. Aber er strebte danach, nicht nur Bayern, sondern ganz Deutschland die Segnungen einer geordneten Hilfe bei Feuersgefahr zuzuwenden; mit begeisterter Beredsamkeit setzte er es durch, daß ein allgemeiner Landesverband gegründet wurde, und konnte schon am 13. April 1868 den Ersten Bayrischen Feuerwehrtag einberufen, mr dem von 215 freiwilligen Feuerwehren 115 vertreten waren.
Seitdem stand Jung ununterbrochen an der Spitze des größten aller Feuerwehrverbände, der heute 7518 freiwillige Wehren und 503 000 Mann zählt.
Andere Länder folgten seinem Beispiel.
Wieder war es Jung, der 1875 eine Reform der nicht mehr zeitgemäßen Verbandssatzungen schuf, und ,eine Aufmerksamkeit richtete sich auch auf alle andern Bedürfnisse des Feuerwehr- wefens. Ihm verdankt Bayern die Regelung der Wasserverforgungsfrage, ihm verdankt die Feuerwehr das Ünterstützungswejen mit der reich dotierten Sterbekasse, und der letzte Wunsch des fast sterbenden Mannes war die Gründung eines Feuerwehr-Jnvalidenheims.
Jer deutsche Mannergesangverein „Liederkranz" in Kairo. (Zu der untenstehenden Abbildung.) Es ist ein echt deutscher und rührender Zug, daß die in Kairo lebenden Deutschen vor zwei Jahren
Ferdinand Stolle.
Zum hundertjährigen Geburtstag.
Ludwig Jung -j-.
Die Sedanfeier des deutschen Männergesangvereins „Liederkranz" in Kairo.
MM
EU
MM
4'' "T.-
-KMx
MM
LL4
ML
WM
NI/-
«MW