Heft 
(1906) 41
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der Feststellung, daß in diegottvergessene Bande" auch mit guten Wortenkein Zug" hineinzubringen war. Die Kerls taten, als wenn sie die Beine nicht aus dem Hüftgelenk 'raus­kriegen könnten, und die Griffe gingen sokommst du nicht heute, kommst du morgen!" Als aber der Kommandeur das Bataillon zusammengezogen hatte, schnitt die zweite Kompagnie am allerschlechtesten ab, und der NameHerr Oberleutnant von Sacrow" schwirrte nur so durch die Luft!

Bitte, Herr Oberleutnant von Sacrow, sehen Sie mal gefälligst den Kerl da, den dritten Mann vom linken Flügel im zweiten Zug, ein Bein Felddienstübung, das andere aber direkt Spital, also der Himmelhund, der schlappe, soll sich krank melden, wenn er nicht weiter kann, Ihnen aber, Herr Oberleutnant von Sacrow, sage ich: es tut mir leid, daß Ihr Chef krank ist, denn es ist eine wahre Schande, wie Sie ihn: seine brave Kompagnie in den kurzen acht Wochen verungeniert haben." So und ähnlich ging es fast eine Stunde lang. Henner aber legte jedesmal, so oft sein Name erklang, die rechte Hand an den Tschako und hatte Mühe, ernst zu bleiben, denn jetzt erst wußte er ganz gewiß, daß seinegrünen Jungen" ihn verstanden hatten und in der Stunde der Ent­scheidung Stange halten würden. Dann aber kam es genau so, wie er sich's ausgeöacht hatte, der neue Inspekteur wandte sich zu seinem Adjutanten: Notieren Sie sich mal, bitte, diesen Oberleutnant von Sacrow, das scheint in diesem Teich von behäbigen Karpfen ja so ziemlich der einzige Hecht zu sein . . . Urlaub . . . Versetzung in eine große Garnison

oder Kommando zum Lehrbataillon gar, nach Potsdam . . , andere Menschen und andere Verhältnisse und möglichst weil fort von der Rotblonden . . . wenn nicht von außen her ein Eingriff kam, ritt er ja doch wieder nach Ouessendorf hinüber . . . für heute aber war er, Gott sei Dank, gefeit, denn er trug ein Pülverlein in der Tasche, von dem der Stabsarzt gesagt hatte, man schliefe daraus wie ein Toter mindestens ein Dutzend langer Stunden . . .

Auf den: Heimweg zum Städtchen gesellte sich der Ober­leutnant Hartung zu ihm, der hinter seiner Kompagnie her­marschierte.Na, Henner, und so vergnügt, trotz des eben erduldeten Anpfiffes?"

Alle Ursache, Franzel," und er beugte sich im Sattel hinunter,ich habe nämlich unter eine gewisse sommerliche Episode den definitiven Schlußstrich gezogen!"

Henner, Junge, und das sagst du mir erst jetzt? Komm, heut mit uns, du glaubst ja gar nicht, wie die Meinige sich freuen wird. Sie hat dir auch allerhand zu erzählen, von einem Besuch, den sie gestern gehabt hat."

Na, dann leg mich deiner Holden mit einen: respektvollen Handkuß zu Füßen und sag ihr, an dem Besuch hat's vielleicht im letzten Grund gelegen. Mich persönlich möchte sie aber gütigst entschuldigen, ich werde mich präsentieren, wenn ich ein anderer, leidlich wieder ausgeschlafener Mensch geworden bin! . . . Gute Nacht, Franzel, ich reite von hier aus, direktemang in mein Bett, das ich allzulang schon nur im Vorbeigehen ge­sehen habe!" (Fortsetzung so! gl.)

Vor hundert Jahren.

Von Friedr. Negensberg.

(Mit dem Bild auf den Seiten 868 n 869.)

n seinem am 7. September d. I. bei der Paradetafel in Breslau ausgebrachten Trinkspruch sagte Kaiser Wilhelm II.:Hundert Jahre sind es her, seit unter den furchtbaren Prüfungen, die der Himmel uns auferlegte, das Vaterland zusammenbrach und die alte friderizianische Armee zugrunde ging." Dieser Zu­sammenbruch vollzog sich, wie bekannt, in der Doppelschlacht bei Jena und Auerstedt am 14. Oktober 1806, der bereits am 10. Oktober ein den preußischen Waffen unheilkündendes Vor­spiel vorausging: das Gefecht bei Saalfeld, in dem Prinz Louis Ferdinand von Preußen fiel.

Napoleon ließ sein Heer (190000 Mann, zum Teil Rhein- bündler), das er bei Bamberg zusammengezogen hatte, am 6. Oktober auf drei Straßen den Vormarsch nach Norden an- treten, zunächst auf Koburg, Lohenstein und Hof, um es dann, nachdem Stellung und Absichten des Gegners aufgeklärt waren, über Saatfeld und Schleiz aus Gera zu dirigieren. Das preußische Heer, durch die Kontingente Kursachsens, Braun- schweigs und der thüringischen Staaten verstärkt, zählte gegen 120 000 Mann unter dem greisen Herzog Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig (geboren 9. Oktober 1735), dem man trotz der schlimmen Erfahrungen in der Champagne wiederum den Oberbefehl anvertraut hatte. Es stand am linken Saaleufer nördlich des Thüringer Waldes; die Truppen, größtenteils geworbene Mannschaften, waren tapfer und gut gedrillt, aber dem Gegner nicht nur an Zahl unterlegen, sondern auch im Nachteil durch ihre veraltete Fechtweise nach den Grundsätzen der Lineartaktik, ihre mangelnde Vewegungs- fähigkeit infolge des Festhaltens an der Magazinverpflegung und vor allem durch die klägliche Führung, die in diesem Feldzug den Ausspruch Napoleons:Ue8 ?ru88i6v8 80 vt eneore xüu8 8tupiä68 gua 168 ^utriebieiw" (Die Preußen sind noch dümmer als die Österreicher) vollauf rechtfertigte. Die preußischen Heerführer gedachten dem französischen Heer, dessen Vormarsch durch schwieriges Berggelände führte, die Saalepässe zu

sperren, und nach langen: Hin- und Herreden wurde der Fürst von Hohenlohe an die Saale geschickt, wo nun zunächst vor­geschobene Abteilungen des linken Flügels mit der westlichen französischen Kolonne ins Gefecht kamen. General v. Tauentzien, der mit einem kleinen Korps bei Hof stand, wurde durch Soult zu einem verlustvollen Rückzug genötigt, und am 10. Oktober umzingelte der Marschall Lannes mit doppelt überlegenen Streitkräften die etwa 8000 Mann starke Vorhut Hohenlohes bei Saalfeld in: engen Saaletal. Der geniale, feurige und exzentrische Prinz Louis Ferdinand (geboren am 18. November 1772), das Haupt der Kriegspartei an: preußischen Hof, befehligte diese preußisch-sächsischen Truppen und hatte die Weisung empfangen, einem Gefecht auszuweichen. Von Rudolstadt, wo er an: 9. Oktober seine Abteilungen zu­sammengezogen hatte, besetzte er in der Frühe des 10. Oktober die Stellung von Saalfeld und nahm in seinen: Feuereifer den Kampf an, als gegen 10 Uhr vormittags der Feind von der Höhe des Thüringer Waldes anrückte. Noch bis gegen Mittag hofften die mit großer Tapferkeit fechtenden Preußen und Sachsen auf den Sieg, als dann aber immer dichtere Massen vorgingen, kamen ihre Reihen ins Wanken und wandten sich zur Flucht. Vergebens suchte der Prinz die Weichenden zum Stehen zu bringen; er wurde in das wilde Getümmel mit fortgerissen und fand im Handgemenge den Heldentod in der Nähe des Dorfes Wöhlsdorf. Ein Nareebal äa loZw (Ouartiermeister) des zehnten französischen Husarenregiments, namens Guindap, rief ihm in seiner Sprache zu:Ergeben Sie sich, General, oder ich töte Sie!" Der Prinz entgegnete gleichfalls auf französisch: Niemals, Schurke!" Er erhielt zuerst einen Hieb in den Hinterkopf und dann von Guindap einen tödlichen Stich in die Brust.

So fiel derpreußische Alkibiades", der oft erklärt hatte, daß er den Fall seines Landes nicht überleben werde; sein Tod machte einen tiefen Eindruck auf die ganze Armee.