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sich die Plünderungswut noch gefahrlos erlustigen. Die Soldaten hielten es für das beste, sich mit den: Volk, aus dem sie neuerdings gewaltsam herausgeholt worden waren, zuletzt an dieser Plünderung zu beteiligen; sie halfen im Keller die herzoglichen Weine austrinken und das Volk feierte darüber ein fröhliches Verbrüderungsfest mit den Handlangern der Tyrannei, die sich am heutigen Tag so gutmütig und nachgiebig gezeigt hatte.
Herzog Karl aber eilte in die Fremde hinaus; niemals hat er seine Vaterstadt wiedergesehen, seine Herzogskrone war in den Flammen des 7 . September geschmolzen.
In der freien Schweizer Stadt Genf, am Ouai du Montblanc, gegenüber dem fernen in Duft gehüllten Schnee- und Eisriesen erhebt sich ein prunkvolles Monument, das Monument Brunswick, errichtet dem Herzog Karl von Braunschweig, der in Genf am 18 . August 1873 gestorben ist und der Stadt sein Vermögen von etwa 20 Millionen Mark vermacht hat.
Keiner seiner kriegsberühmten Ahnen hat ein so großartiges Denkmal erhalten, wie es das Denkmal des Diamantenherzogs ist, der seine dem Volk abgepreßten Schätze, meistens in Gestalt von Juwelen und Diamanten, aus seiner in Asche verwandelten Fürstenherrlichkeit geflüchtet und mit Hilfe der Rotschild in Paris und London in gewinnbringenden Papieren angelegt hatte. Freilich, einen großen Teil seines Vermögens konnte er aus Braunschweig nicht retten; die Stände legten Beschlag darauf wegen der vergeudeten Kammergüter, und die Agnaten, der König von England und dessen verhaßter Bruder Wilhelm, den der Entthronte den kleinen Usurpator nannte, weil er nach Karls Flucht sehr rasch den Thron von Braunschweig bestiegen, hatten
ihn für einen Verschwender erklärt und die Verwaltung seines Vermögens an sich gerissen. Vergeblich waren alle seine Proteste und die Prozesse, die er vor französischen Gerichtshöfen gegen sie führte.
Anfangs hatte er nicht übel Lust, sein Ländchen sich wiederzuerobern. Seine Proklamationen klangen wie Sturmglocken der Revolution; er versprach seinen Braunschweigern allgemeine Wahlfreiheit, Abschaffung des Erbadels und aller Feudalrechte, Abschaffung der Steuern und der Konskription und eine Kammer. Was half es ihm? Der Deutsche Bund hatte ihn für regierungsunfähig erklärt und abgesetzt.
Mit dem Prinzen Napoleon, den: er vor seiner Flucht aus der Festung Hamm Geld vorgeschossen, hatte er ein Abkommen getroffen, einen noch jetzt in Genfer Archiven vorhandenen Vertrag, daß derjenige, der zuerst wieder den Thron seiner Väter besteigen sollte, sich verpflichte, den: andern zur Wiedererlangung des seinigen behilflich zu sein. Frankreich und Braunschweig — es lagen zu ungleiche Gewichte in der Wagschale, und Kaiser Napoleon dachte nicht daran, aus dieser „Charte" eine Wahrheit zu machen. Noch 1870 wünschte Herzog Karl, beim bevorstehenden Einmarsch der Franzosen in Deutschland die Avantgarde zu kommandieren; den ersten deutschen Fürsten, der ihn: in den Weg kommen würde, wollte er aufknüpfen lassen, und ein scharfes Henkerschwert führte er bei sich, das für den kleinen Usurpator geschliffen war.
Durch die Lande abenteuernd, an der Seine wie am Genfer See, von seinen Freunden allen, wie er glaubte, verraten, führte der Exherzog ein trostloses Leben. Mumienhaft war sein Aussehen, als er durch die Straßen der Rhonestadt dahinschlich; er trug jeden Tag eine andere Perücke, man nannte ihn zuletzt den Perückenherzog.
Die Niederjagd.
Plauderei von Fritz Skowronnek.
>er Unterschied zwischen hoher und niederer Jagd hat heute keine praktische Bedeutung mehr, seitdem das Privileg, das den Abschuß von Hirsch, Wildschwein, Auerhahn usw. dem grundbesitzenden Jagdherrn vorbehielt, verschwunden ist. Trotzdem hält die deutsche Jägerwelt an der altgewohnten Unterscheidung fest. Freilich mit einer Änderung des alten Begriffs, die für die Ent Wicklung des Weidwerks sehr bezeichnend ist.
Man rechnet jetzt zur hohen Jagd alles Wild, dem die Kugel gebührt, und zur Niederjagd alle Kreaturen, die mit Schrot erlegt werden. Dadurch ist der Rehbock um eine Rangstufe erhöht worden, während das Wildschwein, obwohl es sicherlich das gefährlichste Wild ist, auch mit Posten und groben Hageln erlegt werden darf. Es geht übrigens seiner Ausrottung entgegen, denn das preußische Landwirtschaftsministerium hat ihm den Vernichtungskrieg erklärt.
Die Gründe für diese Maßregel, deren Durchführung natürlich noch Jahrzehnte er fordern wird, sind nur zu billigen. Der Fiskus ist nicht aus freiem Entschluß, sondern notgedrungen als Verwalter der Staatsforsten Jagdherr.
Er nimmt deshalb wohl die Erträge der Jagdverpachtung, aber er kann als Vertreter der Steuerzahler keine Aufwendungen für Erhaltung und Pflege des Wildes machen. Am allerwenigsten für das Schwarzwild, das seine Nahrung auf den Feldern der Landwirte sucht und dort sehr großen Schaden anrichtet. Um es daran zu hindern, mußten die Staatsforsten
Waldschnepfe.
mit gewaltigen Kosten eingefriedigt und die Wildschweine im Winter gefüttert werden. Mit Recht hat die preußische Forst- verwaltung diese Fürsorge von sich gewiesen. Und um nicht für den vom Schwarzwild angerichteten Schaden Ersatz leisten zu müssen, wurde die Ausrottung des Wildschweins angeordnet.
Die Landwirte sind darüber erfreut, die Jäger beklagen den Untergang der „ritterlichen Wild- gattung", der einzigen, die sich noch dem Weidmann zur Wehr setzt.
Aber was hilft's? Alles Wild, das sich nicht widerstandslos der Entwicklung unserer Bodenkultur anpaßt, muß und wird untergehen. Das Schwarzwild unter aller: Umständen, denn es läßt sich nicht einmal in den großer: eingehegter: Waldrevieren erhalten, da es dort der: höher zu bewertenden Arten, den: Hirsch und Reh, gefähr lich wird. Deshalb ist ihm zurr: Bei spiel bereits in der Rornintener Heide der Krieg erklärt worden. Aus dem Schick sal dieser einer: Wildgattung darf mar: jedoch keine allgemeinen Schlüffe auf die Hat tung der deutscher: Jägerwelt ziehen. Sie ist eifrig bemüht, alle Arten, die vor: der fortschrei tender: Bodenkultur in ihren Existenzbedingungen bedroht sind, nach Möglichkeit vor der Vernichtung zu bewahren.
Das beste Beispiel dafür bietet die Waldschnepfe. Ihre Zahl nimmt vor: Jahr zu Jahr in erschreckender Weise ab. Noch vor dreißig, vierzig Jahren wurden vor: manchem Jäger in der Zeit des Frühjahrszuges, vor: Oculi bis Pal- marurn Dutzende der wohlschmeckenden Vögel erlegt. Damals