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(1881) 295
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Der verkaufte Gesang.

Novelle

VON

Paul Heyse.

die Kunst des Gesanges unter Brüdern wohl ein Schloß oder Rittergut werth sei, wird von Denen, die sie jemals geübt oder ge­liebt haben, Niemand leugnen, während Diejenigen, die den Klang des Goldes oder Silbers aller Musik von Saiten- oder Menschenstimmen vorziehen, nicht einen rothen Heller dafür zu geben und sie als die brotloseste und unnützeste aller Künste zu betrachten pflegen. Den Ersteren werden wir also nichts Neues sagen und die Letz­teren nicht bekehren, wenn wir ein Ge- schichtchen erzählen, das davon handelt, in wie hohem Preise einst der Gesang ge­standen hat, freilich zu einer Zeit, da auch die Dichtkunst noch einen goldenen Boden hatte und ihren Mann nährte, da Hoch und Gering sie zu ihrer Lebensnothdnrft rechneten und schöne neue Lieder so wenig missen konnten wie vom Bäcker das Brot.

Monatshefte, N. 295. April 1881. - Vierte Fo

I-

Immerhin aber möchte es tröstlich und erbaulich sein, daran zu denken, daß die Welt nicht zu allen Zeiten so krämerhaft gesinnt und nur auf den handgreiflichsten ! Nutzen gerichtet war, sondern daß es ! einmal Menschen gab, die das Ueber- flüssige für das Unentbehrlichste hielten und alle Reichthümer und Herrlichkeit ! der Welt gering achteten gegen einen ! Lippenhauch, der aber Macht besaß, die goldenen Schätze der Seele an den Tag zu bringen.

In der Auvergne lebte, bald nachdem die wilden Albigenserkriege vertobt hatten, ein Brüderpaar auf einem sonnig gelege­nen, mit Wäldern und Fruchtfeldern breit umgürteten Schlößchen, an welchem der Kriegssturm vorübergeweht war, ohne j ihm auch nur eine Thurmzinne zu brechen. ! Dies war um so wundersamer, als der , alte Burgherr, ein Herr von Maensac,

lge, Bd. Vi. 31. l