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Grosie: Bai es ca.
sie senkrecht in die Lust ab; aber im i selben Augenblick taumelte er mit jähem Aufschrei zurück. Das überladene Ge- ^ wehr war zersprungen. Vollmar's Hand hielt den leeren Schaft, während ein heftiger Schmerz sich an seinem Kopfe fühl- ! bar machte. ^
In diesem Moment stürmte Valesca ' herbei und warf sich zwischen die Parteien.
„Zurück, Herr Rittmeister! zurück, Herr Professor, und weg mit der Waffe! Gehorchen Sie so wenig meinen flehendlichften Bitten! Aber was ist das — Sie bluten ja, Professor! Himmel und Erde!"
„Es scheint wirklich so," erwiderte Erich Vollmar, indem er sein Haupt betastete und jetzt erst des strömenden Blutes gewahr wurde. „Sonderbar, wie hat das geschehen können. Ihren Arm, lieber Lüdecke —"
Der kräftige Mann wankte in der That. Ein Eisensplitter des zersprungenen Laufs hatte seinen Kopf gestreift und keine ganz unbedeutende Wunde verursacht, wie sich bei sofortiger Untersuchung ergab.
Erich Vollmar hatte sich auf das Moos eines Felsenblocks niedergelassen und war, von halber Betäubung übermannt, in die Arme seines Freundes gesunken.
Wer beschreibt die Erregung Valesea's, die tieferschüttert jede Rücksicht auf die Anwesenden vergaß! Auf Weisung des Försters tauchte sie ihr Spitzentnch —dasselbe, das sie gestern wiedergefunden — in die schwarzen, aber klaren Wasser des Wildbachs und schlang es dann um den Kopf des Leidenden. Dann saß sie zu seinen Füßen, und die innigsten Worte, die zärtlichsten Aeußerungen ihrer Angst und Sorge quollen über ihre Lippen. Valesca kannte sich selbst nicht mehr. Alle Wolken, alle launischen Bedenken der letzten Tage waren verschwunden.
Erich Vollmar verharrte lange in seiner Betäubung, endlich erhob er das blasse Antlitz.
„Wozu die Beunruhigung, Comteß. Ich denke, Sie könnten befriedigt sein. Sie haben Kampf gewollt und Blut, und Ihr Wunsch ist erfüllt, so oder so. Schade, daß es leider nur schlechtes bürgerliches Blut ist, das der plumpe Zufall vergossen hat wie in einem Possenspiel; aber ich bin um so glücklicher, daß sonst kein Unheil geschehen. Kommen Sie, Freund Lüdecke, wir wollen uns auf den Weg machen." Und er versuchte, sich zu erheben, sank aber kraftlos zurück.
„Wollen Sie sich nicht des Wagens bedienen, Herr Professor?" fragte jetzt der Rittmeister von Landscron, indem er hervortrat und sich bei dieser Gelegenheit vor Valesca verbeugte.
„Sie wagen auch noch zu reden!" rief die Comteß, indem sie sich erhob. „Wenn Sie der gerechten Züchtigung auch entgangen sind, meiner Verachtung seien Sie gewiß!"
„Comteß, ich begreife nicht —" war die stammelnde Antwort des Verblüfften.
„Schweigen Sie, Landscron!" rief jetzt der Major heftig. „Und auch du, Valesca, kein Wort mehr!"
„Ich wüßte nicht, weshalb!" erwiderte die Comteß, und ihr anmuthiges reizendes Antlitz hatte einen drohenden Ausdruck, als sie sich wieder zu dem Rittmeister wandte.
„Ihrem Gegner haben Sie sich gestellt, mein Herr. Stellen Sie sich jetzt auch mir. Sehen Sie mir offen in die Augen, wenn Sie können!"
„Sie scheinen im Jrrthum, Comteß," erwiderte der Rittmeister, der jetzt das Mißverständniß begriff. „Nicht ich hatte die Ehre, mich mit diesem Herrn zu messen, sondern —" und seine Handbewegung deutete auf den Major.
„Charly, du —? Unmöglich!" und Valesca stand hochaufgerichtet vor ihrem Bruder. „Du also warst Jener, den Vollmar auf mein Begehren forderte?"