Heft 
(1881) 298
Seite
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484 Jllustrirte Deutsche Monatshefte.

lerische Vollendung derselben auf einen Einfluß von außen znrückzuführen ist. Van Dyck's Kunst hat so manchen fran­zösischen Künstler inspirirt; es kamen auch des günstigeren Erwerbes wegen nieder­ländische Künstler, wie van Schuppen, W. Vaillant, Lombart u. A., nach Frank­reich, die gewiß nicht ohne Nachwirkung auf die heimische Kunst blieben. Frank­reich war nicht scrupnlös, diese Künstler für sich in Anspruch zu nehmen, wie es auch den Flamen Phil, de Champagne den seinen nennt. Von ihm sagt Duplessis in seinem Werke über französische Por­trätstiche, er wäre durch seinen Coutact mit französischen Künstlern schließlich ein Franzose geworden. Aber Morin, den er ansührt, beweist gerade das Gegentheil. Dieser geschätzte Stecher arbeitete nach van Dyck und de Champagne und war also von diesen beeinflußt und nicht um­gekehrt.

Die Porträtisten, die hier besonders erwähnt zu werden verdienen, waren durchweg Hofmaler. So C. Mignard (1610 bis 1695). Er malte den zwan­zigjährigen Ludwig für dessen Braut mit Meisterhand in drei Stunden, und sein Ruf war begründet. Die Großen suchten ihn auf, wie Mazarin, Turenne u. A. Er nahm es mit der Kunst ernst und auf­richtig. Seine Tochter, eine berühmte Schönheit, malte er als Fama, die sein Eigenbildniß hält (s. Abbildung S. 483). Daß er dazu angethan war, in der Hos- luft zu gedeihen, beweist eine Anekdote aus seinem Leben. Als der König von seinen Feldzügen zurückkehrte und dem Maler gegenüber die Bemerkung machte: Nicht wahr, Sie finden mich gealtert? war der Hofmaler schnell mit der Antwort fertig: Ja, Sire! ich erblicke die Spuren vieler Schlachten. Hiac. Rigaud (1659 bis 1743) gehört zu den fruchtbarsten fran­zösischen Porträtmalern. Man zählt 250 Bildnisse seiner Hand, also nicht viel weniger als von van Dyck. Als junger Künstler hatte er das Glück, den Präla­ten Bossnet malen zu dürfen. Das Bild- niß in ganzer Figur gehört jedenfalls zu seinen besten Werken. Anordnung, Cha­rakteristik, Durchführung sind gleich emi­nent. Wir müssen um so mehr über die Menge von Bildnissen staunen, als die Mode dem Künstler keine geringen Schwie­

rigkeiten bereitete. Das Gesicht war noch das Wenigste, nun kamen aber dazu die verschiedenen Stoffe, Waffen, Schmuck­sachen, Spitzen u. s. f., die der Künstler stets fleißig und genau nach der Wirklich­keit aufnahm. Man kann von Rigand sagen, er sei natürlich, weil er selbst die unnatürlichste Mode so getreu, wie sie in der Wirklichkeit war, schildert. Seine Bildnisse enthalten darum auch ein schätzenswertes Material zur französischen Culturgeschichte. Zum Beweise seiner edlen Gesinnung diene die Thatsache, daß er 1695 nach seinem Geburtsorte Roussillon nur deshalb reist, um seine alte Mutter von allen Seiten zu malen. Danach führte dann Coyzevaux eine Büste in Marmor aus, die der Hauptschmuck sei­nes Arbeitszimmers bis zu seinem Tode blieb.

Wir dürfen nun aber den Umstand nicht mit Stillschweigen übergehen, durch welchen die genannten und noch andere Künstler, die über dem Niveau des All­täglichen standen, wie Lefebure, Aved, Lergillwre, Elisabeth Vigee u. A. m., einen europäischen Ruf erhielten. Die Gemälde blieben meist in Frankreich, in Privathänden, und es war schwer, den Werth ihrer Kunst nach ihren Werken zu bestimmen. Es haben aber treffliche Kupferstecher diese Bildnisse gestochen und damit den Ruf der Maler in weiteste Kreise, weit über Frankreichs Grenzen verbreitet. Mit besonderer Vorliebe wünschten wir bei diesen Meistern des Grabstichels verweilen, die Werke der drei Drevet, der beiden Poilly, eines Masson, Nauteuil, Edelinck, Daullö u. s. s. besprechen, vergleichen, beurtheilen zu kön­nen aber wo wäre da ein Ende abzu­sehen? Uebrigens birgt jede öffentliche Sammlung wenigstens theilweise die Werke genannter Künstler, und wer sich ein zu­treffendes Urtheil über das französische Porträt des siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts bilden will, den verweisen wir zum Selbststudium aus diese Quelle.

Im achtzehnten Jahrhundert, in wel­chem die Kunst in Deutschland ganz da­niederlag, muß der Einfluß der französischen Schule auf das Ausland sascinirend ge­wirkt haben. Viele deutsche Kupferstecher bilden sich in Paris Zn Meistern aus, so G. F. Schmidt, I. G. Wille, G. Müller,