Heft 
(1881) 299
Seite
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Storm: Der H

seines noch immer etwas weibischen Ge­sichtes machte er keine üble Fignr, so daß alte Damen ihn einen feinen jungen Men­schen nannten;, auch ich selber wäre viel­leicht weniger dagegen gewesen, wenn ich ihn mir nicht zehn Jahre früher durch die Planke so genau betrachtet hätte. Er war unablässig bemüht, sich in die bessere Gesellschaft einzudrängen, und hatte es sogar fertig gebracht, mit einer Anzahl von drei weißen Kugeln von der Harmo­nie-Gesellschaft zurückgewiesen zu werden. Und somit machte auch ich mir keine weiteren Gedanken.

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Am Tage darauf, am schönsten Juni­morgen, fuhren wir Studenten ab. Archi- medes war anfänglich etwas still.Ein harter Abschied," flüsterte er mir zu und drückte krampfhaft meine Hand. Aber die Abschiedsstimmung hielt nicht Stand; am Waldesrande, etwa eine Meile hinter unserer Vaterstadt, sprangen wir Alle vom Wagen und schmückten Pferde und Ge­schirr mit frischem Buchengrün, uns selbst nicht zu vergessen. Der junge Kutscher meines Vaters,Thoms Knappe" von uns genannt, hatte die Fahrt schon mehr­fach mitgemacht; er kannte alle unsere Lieder und sang mit seiner klingenden Tenorstimme frisch dazwischen, als es jetzt wieder in das freie Land hinausging. Ich entsinne mich kaum einer Reise, wo mir die Sonne so ins Herz gelacht hätte; es war aber auch nicht allein die Sonne, zur Seite des rollenden Wagens flogen die hellsten Genien des Lebens, Hoffnung und Jugend, mit ihrer weithin leuchten­den Aureole.

Auf der Hälfte des Weges, in dem großen baumreichen Dorfe, wo man im Vorüberfahren in des Hardesvogts Gar­ten den kleinen Springbrunnen mit der goldenen Kugel spielen sah, vor dem flatt­

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lichen Wirthshause, dem der mit dunklen Tannen bestandene Hügel gegenüberlag, wurden die dampfenden Pferde abgeschirrt und den Herren Studenten das Helle Staatszimmer zur Mittagstafel einge­räumt. Und bald auch saßen wir Alle, Thomas Knappe nicht ausgenommen, um den sauber gedeckten Tisch; glänzende Schinkenschnitte, Eier und Eierkuchen, und was sonst noch in den hochbeladenen Schüsseln aufgetragen wurde, verschwand mit unglaublicher Geschwindigkeit. Butter­milch wurde nicht getrunken, vielmehr kann nicht verschwiegen werden, daß neben jedem Teller ein tüchtiges Glas Grog seinen erquickenden Dampf versandte, während zur Tafelmusik Finken und Roth- schwänze drüben aus den Tannen schlugen.

Mit einem unsäglich frohen Angesicht saß Archimedes neben mir; er schien Alles, was ihn daheim belastet hatte, hinter sich geworfen zu haben; so oft er mit ver­gnügtem Lächeln sein dampfendes Glas zum Munde führte, machte er seine krie­gerischsten Augen, als wollte er sagen: Leben, wo bist du? Komm heraus; wir wollen dich bestehen!" UndProsit! Prosit, Archimedes!" klang es von allen Seiten.

Einige Tage nach unserer Ankunft in der Stadt der almn matsr, da ich auf meinem Zimmer mich eben mit dem räth- selvollen Capitel der Correalobligatiouen plagte, stand Archimedes plötzlich vor mir; er nickte mir zu, hob sich auf den Fuß­spitzen und drückte den Kopf in den Nacken, als fordere er mich heraus, ihn zu be­trachten.

Alle Wetter, Archimedes!" rief ich; wo hast du dir dies strahlende Angesicht geholt?"

Er hob den Kopf noch höher aus den spitzen Vatermördern.Nur drei Häuser ! weit von hier, lieber Freund; von dem ^ i-eetoi-s mAAnilleo! Ich bin Student,

! immatriculirt lliws, äextsi-A der