Heft 
(1881) 299
Seite
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Jllustrlrtc Deutsche Monatshefte.

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thum an kosmogonischer und theogonischer Weisheit überliefert worden ist, kommt hier nicht sowohl der Nachweis der allge­meinen Uebereinstimmung in Betreff des inneren Gehalts in Betracht, als viel­mehr die Verschiedenheit der äußeren Um­stände, also der Hergang der Entdeckung nach Zeit und Deutlichkeit, welcher das specifische Merkmal des Einzigen in seiner Art einem Ereignisse aufprägt, dessen Be­kanntwerden mehr als gewöhnliches Auf­sehen erregen muß.

Ueber die Entstehung und den Erwerb der Documente wird unter gewissenhafte­ster Anführung amtlicher und gelehrter Gewährsmänner berichtet. Von letzteren nimmt, was Neuseeland betrifft, ein Herr White, der Secretär des Gouverneurs, der von Kindheit an mit den Maoris ge­lebt hat und ein höchst seltener Fall - als ein in die Geheimnisse der Priester­orden Eingeweihter gilt, die hervor­ragendste Autorität in Anspruch. Die Mittheilungen Bastian's beziehen sich zu­nächst auf eine Art Prospect, der als Vorläufer eines seitens des Herrn White in der Herausgabe begriffenen Werkes gedruckt wurde.Was haben wir vor uns?" fragt Bastian,ein philosophisches Product? Doch kannibalischer Wilden? und dann orphisch-chaldäisch, buddhistisch- vedische Anklänge auf allen Seiten. Ist ein verkleideter Anaximander oder Pytha­goras hierher gewandert, wenn nicht etwa Anaximenes, der Vorgänger der Spiri- tualisten, mit der Luft als Urstoff?... Wir stehen hier vor einer neuen Welt, vor der Welt eines Jdeenkreises, der, räumlich gerechnet, fast ein Viertel unse­res Globus umfaßt und von dem wir so gut wie nichts wissen."

Diesen bedeutungsvollen Fragen ant­wortet in feierlichen Klängen die Schö­pfungsurkunde der Maori, wie folgt:

Unter dem Rollen der Urnächte, Do, manifestirt sich in der bis dahin ungetheil- ten Finsterniß zuerst das Lora, das Nicht oder Nichtsein, und damit scheidet sich die Nacht, Ns Do, als bestimmter Zeitraum ab. Daraus im Umlauf ungezählter Pe­rioden erwacht als erste Ablenkung zur Bewegung, Da UapunAri, das Sehnen, das sich in 'WHa oder Fortdauer dieser ersten Sehnsuchtsregungen ausbreitet zur Sehnsucht, und dann macht sich Empfin­

dung, Ns llleüuma, bemerkbar, die in Ausbreitung, Da Dopuks, erstarkt. Als Folgewirkung beginnt ein erstes Pulsiren des Lebens, Da Dlibü-i, oder Luftschnappen (wie das des Neugeborenen), und hieraus emanirt der Gedanke, Da iVlabara, fort­entwickelt zum Geisteswirken, Da lUaan- Zara. Jetzt entspringt Da Nanallo oder Wunsch, als der Wille zum Leben, hinge­richtet zuerst auf heiliges Ge­

heimnis, das große Lebensräthsel. In verzückter Anschauung des Versenkens über die umgebenden Wunder entfaltet sich der Glanz der Glorie, Da ^bua, und damit als schöpferischer Liebesgott, Da ^tamast die Zeugungskraft (der Liebe), in materielle Schöpfungen niedersinkend, so daß Da Wbivvkia, das Festhalten am Dasein oder das Kleben an der Existenz hergestellt ist, durchdrungen von k^var,. oder (freuden­voller) Wollust, und somit ist dann eine bestimmte Gestaltung (der Form) gegeben in lloputa, dem Ausrichten, belebt durch Dlau-Ora, Lebensathem, und jetzt fluchet das Weltall, ^taa, im Raume durch Ge­schlechtsdifferenz gespalten in Dan^i und Dapa, Himmel und Erde."

Das gewährleistende Original, welches Bastian Vorgelegen hat, bemerkt an der Spitze der sich anschließenden Erläuterun­gen, die Schöpfungssage der Maori heiße nach einheimischer Benennung:Geschichte der Söhne Himmels und der Erde", sei von höchstem Alter und seit Jahrtausenden wörtlich von Priester auf Priester über­liefert worden. Ihre allegorische Bedeu­tung sei dem gemeinen Volke nie mitge- theilt worden und wahrscheinlich zum großen Theil auch unter den Priestern verloren gegangen.

Die demnächst in Hawaii, also am an­deren Ende der oceanischen Inselwelt, ausgefundene Kosmogonie ist das Comple- ment desselben Jdeenkreises und erfährt in der zweiten Hälfte des Buches, ihrer mit der Maorisage wetteifernden Be­deutsamkeit entsprechend, eine ausführ­liche Würdigung. Abermals erhebt der Verfasser staunend die Frage, mit was wir es hier zu thun haben.Sind dies die einfach spielerischen Naturkinder, auf die wir von unserer Höhe herabzublicken pflegten? Und doch uralte Klänge fern­ster und frühester Schöpfungsgeschichte aus dunkler Urnacht hervorklingend! Ein