788
Deutsche Monatshefte.
I l l u st r i r t e
Staats- und Menschenbildung über die romanische bedeuten!"
Den Idealen deutscher Culturarbeit weihte er nun auch diese Zeitschrift, indem er sie den erweiterten Zeitanschauungen gemäß reorganisirte. Wie früher das Leben außerhalb des Vaterlandes, so trat jetzt das nationale Leben in den Vordergrund des Interesses, und der Sinn für die Kunst der Heimath und das deutsche Kunstgewerbe fand Nahrung und Pflege. Aber das Grundprincip — es kann dies nicht oft genug betont werden — hielt er fest: Fern von den jeweiligen Strömungen des religiösen Lebens und den Stürmen der Politik, fern von dem Streit der Parteien des socialen Lebens einen literarischen Mittelpunkt zu schaffen, ein Organ, das die Bildung der Zeit repräsen- tirt und in welchem ihre geistigen Strömungen zum treuesten Ausdruck gelangen!
Noch an seinem Lebensabend hatte George Westermann die große Freude und die innige Genugthunng, sein Werk durch bedeutenden Erfolg gekrönt und auch vielfach nachgeahmt zu sehen. Aber auch jetzt bewies er die Treue, die ihm kein leerer Wahn war, und die Festigkeit, mit der er bei seinen Anschauungen blieb, daß ihn nichts vermochte, von dem abzustehen, was er einmal für wahr und noth- wendig erkannt, und daß er äußeren Einflüssen keine Einwirkung auf sein Werk verstattete. In unseres Vaters Hause sind viele Wohnungen, und so mochten immerhin auch viele Wege zu dem gemeinsamen Ziele führen, die Culturarbeit des deutschen Volkes zu verbreiten, seine nationalen Interessen zu repräsentiren, und alle Wanderer ans diesem Wege und
zu diesem Ziele konnten einträchtig und in Frieden, in edlem Wettstreit der Kräfte, neben einander hergehen.
Inmitten seines Reorganisationswerkes wurde George Westermann ans diesem Leben abgerufen, und wir haben das Erbe seiner Ideen, seiner Arbeit und seiner Ziele übernommen und — dies Zengniß wird uns Jeder ausstellen, der mit Aufmerksamkeit die letzten Bände dieser Zeitschrift verfolgt — in seinem Geiste und nach seinen Principien sortgeführt. So viel an uns liegt, und bleibt uns nur der treue Leserkreis und die Schar der Mitarbeiter zur Seite, soll es auch in alle Zukunft so bleiben! Es sei denn, daß diese uns verließen, nicht anders und auf keine andere Weise werden die „Monatshefte" den Principien ihres Begründers und den Tendenzen untreu werden, die in den nunmehr abgeschlossenen fünfzig Bänden voll und wahr zum Ausdruck gekommen sind! Mit diesem Schwur sind wir am Ende unserer Betrachtungen, vor der Ausschau in die Zukunft angelaugt.
Und mit einem frommen Wunsche schließt nach guter alter Sitte der Epi- logus. Das „Auge des Jahrhunderts" wird sich geschlossen haben, wenn es — so hoffen wir — dieser Zeitschrift vergönnt sein wird, ihr fünfzigstes Jubelfest zu feiern; es werden dann andere Baumeister am Werke stehen und ein anderer Kreis sich gebildet haben, an den sie sich wenden werden. Möchte es dann ihnen Allen beschieden sein, des Vaterlandes Ruhm und Größe zu schauen und unseres mit Begeisterung unternommenen, mit Liebe fortgeführten Werkes möglichste Vollendung!
Unter Berantwortnng von Friedrich Westermcinn in Vrannschweig.— Redactcnr: Dr. Gustav Karpeles. Druck und Berlag von George Wcsterniann in Brannschweig.
Nachdruck wird strafgcrichtüch verfolgt/ — Nebersetziingsrechte Meiden Vorbehalten.