dem Gedanken um, mein Kind unglücklich zu machen, und ich soll ruhig sein? Wofür halten Sie mich?"
Ich mußte mich sammeln.
Da fiel ihr Blick auf die flehend emporgewandten Augen Tonfis und der zornige Ton ihrer Rede versagte, der Ausdruck ihres Gesichts veränderte sich.
„Sehen Sie", hob sie nach einer Pause an, „ich habe nichts als mein Kind da. An meinem Sohn erlebe ich wenig Freude. Wir haben nur das, daß wir vor Niemand in der Welt die Augen niederzuschlagen brauchen. Seien Sie auch brav, indem Sie von uns als von braven Leuten denken".
Ich habe nichts als das Kind da! hatte sie gesagt. Wie viel lag in diesem einfachen, schlichten Worte. Mein Herz wandte sich zur Rührung, ich rief mit erhobener Hand: „Könnten Sie mir in's Herz sehen, wie gut
ich es mit Ihnen meine!"
„So?" antwortete Frau Erhardt. „Nun dann ziehen Sie fort — heute noch und kommen Sie nie wieder!"
„Sie fordern", erwiderte ich, „was mir von allen Dingen in der ganzen Welt am schwersten fällt!"
„Sie lieben die Toni", fuhr sie fort. „Sie hat Sie auch lieb, gäbe ihr Herz für Sie hin, ich weiß es, sie hat es mir gestanden, sie sagt mir alles. Aber dabei kann sie nur unglücklich werden. And darum bitte ich Sie zu gehen und nicht wieder zu kommen!"
Ich war aufgestanden und stand, den Ausbruch meiner Thränen mühsam bemeisternd, eine ganze Weile da.
„Ach", rief ich mit einem schweren Seufzer, „ich kam mit Jubel hier an, und gehe unglücklich von dannen".
-I-
Ich ging.. Die Zurückweisung meiner Gabe, die ich mit freudigem Herzen hatte darbringen wollen — womöglich, ohne daß Mutter oder Tochter etwas davon erführe — schmerzte mich tief, die bösen Worte der Mutter hafteten wie Pfeile in meiner Brust.
„Sie sind unglücklich", sagte ich zu mir, „weil sie ihr Haus und Heim verlassen sollen. Und doch wollen sie es eher verlassen, als Hilfe von mir anzunehmen! Wie grausam gegen sich selbst und gegen mich! Was kann ich thun, der Mutter ihren Argwohn zu benehmen und sie von -der Redlichkeit meiner Absichten zu überzeugen? Wohin werden sie ziehen? O Hohn des Schicksals, das ein schönes, liebewerthes Geschöpf in der Dürftigkeit und Verschollenheit einer Hütte aufwachsen ließ und es nun allem Ungefähr überliefert! Soll ich meiner Mutter alles erzählen, alles beichten? Da die beiden nun einmal fortziehen, könnten sie zu uns in die Stadt kommen. O, daß Fran Erhardt nichts annehmen will! In ein paar Jahren könnte Toni es an Bildung mit jedem Fräulein aufnehmen, an Reiz und Schönheit über-