Issue 
(1880) 38
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Ich widersprach. Ich hätte gern behauptet, ich sei fest wie der Fels im Meere, und war doch nur das Fahrzeug auf den unruhigen Wogen. Diese Selbsterkenutniß drückte mich nieder und demüthigte mich, ich wehrte sie von mir ab und fühlte sie doch.

So gingen die Worte hin und her. Wir waren unglücklich, weil wir uns nicht angehören sollten und die Trennung bevorstand, glücklich, weil wir auf ein paar Stunden beisammen waren. Der sonnenhelle Tag, die ganze Natur schienen es darauf abgesehen zu haben, uns aus uns selbst herauszu­reißen. Ringsum ein reiches, schönes, fruchtbares Land, der Morgen sprengt seine Lichter über Wiesen und Felder, die Obstgärten winken mit ihren Früchten, die freundlichen Häuser fliegen vorbei. Das Rößlein greift lustig aus. Im Wagen fitzen zwei junge Leute, Haud ruht aus Hand, Schulter an Schulter, die Augen flammen in einander. Lustige Fußwanderer kommen der Kutsche entgegen, sie erkennen gleich ein Liebespaar, der Eine jauchzt und schwenkt den Hut, der andere wirft der schönen Unbekannten einen Kuß zu. Und weiter trabt das Rößlein. Sind, die so über Feld fliegen, nicht wie freigelasfene Vögel, die wieder einmal ihre Schwingen versuchen? Sie sind glücklich, vogclleicht und frei, und denken nicht daran, daß die Wolke über ihrem Haupte den Geier verbirgt, der auf sie niederfahren soll.

Was uns Beide gequält, war vergessen, zurückgetreten, überwunden im berauschenden Glücke des seligen Moments, des Beisammenseins.

Das kleine Bündel, das Toni bei sich trug, war locker geworden und hatte wiederholt gedroht, seinen Inhalt auszuschütten. Die Enden des Tuches waren bereits fester geknüpft worden.

Mein Kosferchen da", sagte ich,ist mehr als halb leer. Da hinein thue die Sachen; Du verlierst sonst noch Etwas. Wir fahren gottlob noch ein paar Stunden".

Toni hatte nichts dagegen.

Der Inhalt des Bündels bestand aus etwas Wäsche, einem Tuch, einem Jäckchen und Häubchen, einzelnen Kleinigkeiten. Und auch die Mundharmonika, mit der ich sie gesehen, als sie mit den Eidechsen spielte, auch die hatte sie eingesteckt.

Nicht wahr, das ist kindisch, die Harmonika mitzunehmen?" sagte Toni.Es ist ein Ding mehr für Knaben ich Hab sie vom Bruder aber sie unterhielt mich oft bei meinen Ziegen sie erinnert mich auch an den Morgen, an dem ich mit Dir das erste Mal gesprochen Hab' ..."

Du hast sie oft an Deine süßen Lippen genommen", sagte ich.Wie sollte ich sie nicht mögen? Da oben auf dem Handkofferchen soll sie liegen, ganz weich in das seidene Tuch gebettet".

Ich breitete ein blau, grau und roth gestreiftes Tüchlein aus und legte die Harmonika darauf.

Das Kofferchen wurde wieder geschlossen.

Mittag kam heran, der Trab des Pferdchens ermattete, wir kehrten in