Issue 
(1880) 38
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Alfred Meißner in Bregenz.

einem einzeln gelegenen Wirthshause ein. Ein kleines kurzes Mahl wurde eingenommen, das Pferd getränkt und gefüttert, dann ging es weiter.

Nein, so hell hatte die Sonne noch nie geschienen, eine so lachende Gegend hatte ich noch nie geschaut, so hatte Beiden noch nie ein Mahl geschmeckt! O, der köstliche Tag! Wo finde ich Farben, ihn zu schildern? Und wer würde mich verstehen? Nur ein Herz, das Aehnliches erlebt.

Der süße Worttausch zweier vereinter Herzen wollte kein Ende finden. Mein entzückter Blick hing an dem zarten, holden Geschöpfe, das mir in seiner Anhänglichkeit neu geschenkt war. Jedes fragte, Jedes erzählte. Es war, als säßen alle Liebesgötter mit uns im Wagen.

Vorüber ging der köstliche Tag mit seinen Sonnenlichtern und Wolken­schatten, seinen hin- und herfliegenden Blicken, seinen Seufzern und Freudes- thränen. Die Sonne senkte sich zum Niedergange und eine rasch zunehmende Verdunklung des Horizontes verkündete ein herannahendes Gewitter; es war nichts Seltenes in diesem Jahre.

Mein Gott", sagte Toni, ich dächte, wir müßten längst schon in V ..... . sein".

Herzliebchen", erwiderte ich,da sind wir schon um Zwei vorüber­gekommen. Du hast es nicht bemerkt, als wir um die Stadtmauer fuhren? Wir kommen jetzt nach.und von da hast Du gar nicht mehr weit".

Das war nicht Recht von Dir, mich so anzuführen!" sagte Toni ernsthaft zornig.Es war ausgemacht, daß ich bei der Base über Nacht bleiben soll. Wie kann ich der Mutter sagen, daß ich es nicht gethan, daß ich es nicht so gehalten habe, wie sie gewollt?"

Und wir hätten uns um Zwei schon trennen sollen? Nein, ich konnte Dir da noch nicht Lebewohl sagen".

Einzelne Windstöße hatten längst schon das Signal zu einem wilden Tumulte gegeben. Nun stieg eine compacte schwarze Wolkenschicht hinter uns auf, von Zeit zu Zeit flammte es in ihr auf, dumpfe Donner ließen sich vernehmen. Plötzlich brach ein Regen mit unwiderstehlicher Gewalt herein. Wie der Pansschrecken, der den arkadischen Schäfer in die Flucht sprengt, überfiel er alles Lebendige, jagte die Arbeiter von den Feldern, einzelne Wanderer unter das Dach der nächsten Hütte. Donner und Blitz folgten einander fast unmittelbar. Erschreckt barg sich Toni in die Wagen­ecke, während ich das bereits müde Pferd unabläßlich zur Eile antrieb.

Doch schon sehen wir die Schlote einer ansehnlichen Fabrikstadt vor uns, jetzt zogen wir eine lange Häuserreihe entlang, ich erblicke ein Gasthaus und lenke das Wägelchen eiligst unter die schützende Einfahrt.

Ein paar Kellner waren herbeigesprungen, ich warf dem Hausknecht die Zügel zu, man wies uns die Treppe hinauf und sperrte zwei Zimmer auf. Noch immer goß es vom Himmel, unsere Kleider, so lang dem Regen ausgesetzt, waren naß. Scheu, eingeschüchtert, reglos saß Toni in einem Fauteuil, wie darin verkrochen, und sah zu, wie die Lichter aus den Tisch