Toni.
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gestellt, im Ofen Feuer angezündet wurde; die Jalousien waren schon vor unserer Ankunft geschlossen worden. Ihre Augen irrten umher in den eleganten Räumen, von den modischen Möbeln zu dem großen Wandspiegel und von diesem zu dem vergoldeten Kronleuchter. Und nun kam der Kellner herein mit einer glänzenden Platte, auf der die zartblaue Flamme des Weingeistes unter der Theekanne brannte — für sie alles Gegenstände eines naiven Staunens, aber auch einer eigenthümlichen Scheu. Sie war kaum zu bewegen, den sammetgepolsterten Stuhl näher an den Tisch zu rücken und nur einen Bissen an den Mund zu bringen.
Noch immer draußen das tobende Wetter, der Widerschein der Blitze, die, selbst durch die geschlossenen Läden und die niedergelassenen Rouleaux sichtbar, eine gewisse Aengstlichkeit im Raume verbreiteten.
„Toni, Toni, wenn wir uns Wiedersehen, werde ich Dein Herz mir nicht entfremdet fühlen?"
Thränen waren ihre Antwort, ihr Köpfchen sank an meine Brust.
-i- -K
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Am andern Morgen war ich früh erwacht. Ich stand im großen Zimmer, in welchem wir den Thee getrunken hatten. Mein Schlafzimmer war daneben. Auf der andern Seite des Zimmers war ein Alkoven, dessen Vorhänge zugezogen waren. Dort stand ein Bett. Ich öffnete die Portieren ein wenig. Toni lag im tiefen, tiefen Schlafe. Ihre schönen weißen Arme waren verschränkt, die Hände halb gefaltet; ich sah unter dem sorgfältig zugezogenen Hemde ihre junge Brust sich heben und senken.
Sie war wie ein Kunstwerk. Wer möchte das zerstören, ja, ihm nur eine Linie seiner Contonren schädigen? Ein Missethäter, ein Verbrecher, ein Würger. Sie so zu schauen in ihrem harmlosen Schlaf, es müßte einen Bösewicht entwaffnen.
Welch fester Schlaf. Es war, als ob das durch lange stürmische Kämpfe aufgeregte Gemüth sich in einer tiefen Ruhe zu entschädigen suchte.
Es war eben auch eine stürmische Nacht gewesen. Der auf morgen unwiderruflich festgesetzte Abschied hatte uns Beide in einen Zustand hinausgehoben, in welchem Trostlosigkeit und Rausch neben einander waren. Wir hatten uns auch gezankt, es war bis zu bösen Worten gekommen. Ich hatte mir einen Finger bös zerquetscht beim heftigen Oeffnenwollen einer Thür. Wir hatten beide geweint. Ich hatte daher den Gutenachtkuß nicht haben wollen und mich in das kleine Schlafzimmer zurückgezogen. Sie war in dem großen Zimmer mit dem Alkoven geblieben, ich hatte sie den Riegel zuschieben gehört. Bis nach zwei Uhr war ich wach gelegen. Mehrmals hatte ich gemeint, jetzt hakü es ausgedonnert, war an's Fenster getreten, hatte es geöffnet, mir für mein fieberndes Blut Kühlung zu holen — ein neuer Blitz schreckte Auge und Gemüth. Dann hatte es irgendwo draußen in dev Stadt eingeschlagen, die Spritzen waren rasselnd hinausgefahren. Ich hatte