-Toni. - s8s
einer Privatrache. Wissen Sie einen Grund dafür? Ist Jemand feindlich gegen Sie gesinnt?"
„Daß ich nicht wüßte —"
Man drang in mich, ich erwiderte, daß ich außer Staude sei, Auskunft zu ertheileu, und die Commission entfernte sich mit Rücksicht auf die Schwäche, die mir der Blutverlust und das Wundfieber zugezogen.
Nachdem so die ersten Erhebungen gepflogen worden waren, erwartete ich in größter Unruhe das Weitere. Ich lag auf der Folter. Ich sah Toni's Bruder schon vor den Assisen und die Geschichte an die Oesfentlichkeit gezerrt.
Es kam aber anders.
Im Laufe des Tages wurde die Leiche eines jungen Arbeiters aus der Moldau gezogen, die als die Leiche des den Gerichten noch immer unbekannten Menschen agnoscirt wurde, der mich angefallen hatte.
Toni's Bruder hatte, von mehreren rüstigen jungen Leuten verfolgt, seinen Weg gegen die Moldau zu genommen. Wo die schmale Gasse aus- müudete, war ein Waschplatz; mehrere alte Kähne, tagsüber von Weibern benützt, lagen dort am Ufer. Der junge Mensch kletterte von einem Kahn zum andern und versuchte den letzten loszumachen und ins Wasser zu schieben, vermuthlich in der Absicht, sich vom Strome treiben zu lassen und ungesehen irgendwo ans Land zu kommen. Aber der Strom ging eben sehr hoch. Als er die Verfolger dicht hinter sich hörte, mußte er von einem Kahn in den andern übersetzend einen Fehltritt gemacht haben und wurde von den Wellen fortgerissen.
Als der Thäter todt war, fehlte für das Gericht der Grund zu weiterer Untersuchung. Die Sache schlief ein.
Man denke sich, wie diese Reihe dunkler Ereignisse auf das Gemüth eines jungen Menschen wirken mußte! So einfach und wenig ungewöhnlich jedes Ereigniß an sich war, so dämonisch nahm sich das Ganze in seiner haarscharfen Verkettung aus. Lange noch tanzten diese Erlebnisse wie grcll- bemalte Schreckgestalten um mein Lager, erhielten meine Seele in einer gewaltsamen Spannung und verlängerten das Fieber, das mich gepackt. Jndeß saß meine Mutter als die liebevollste der Wärterinnen !an meinem Bette, unter ihrer Pflege erholte ich mich langsam und genas. Noch immer war ich nicht in das Geleise einer ruhigen Existenz zurückgekehrt, noch immer packten mich die Convulsionen meiner geheimen Qual, noch immer war ich in die Quelle meiner Leiden schmerzlich verliebt und schaute gerne hinab in ihren dunklen Spiegel. Da faßte ich den Plan, das Gedicht zu schreiben, das unsere nähere Bekanntschaft eingeleitet hat. Ich schrieb es rasch, und ohne mich selbst und meine Kräfte zu schonen, in einem Zuge. Aber während ich es schrieb, erwachte mein ermüdeter Lebensgenius wieder und hob die Fackel empor, wie wenn er den entschwundenen Schatten Nachleuchten wollte.
-i-