Toni.
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farbenbeklexsten Blouse, eine Mütze auf dem Kopfe, Filzsocken an den Füßen vor der Staffeln faß und pinselte. Ringsum hingen, standen und lagen allerhand Bilder.
„Ich habe doch das Vergnügen", begann ich, „den Künstler zu sprechen, der bei dem Vergolder in der Zwinqerqasfe das Bild eines jungen Mädchens ausgestellt hat" —
„Weiß schon, was Sie meinen", fiel er mir in die Rede. „Den jugendlichen weiblichen Studienkopf. Eine gute Arbeit, aus meiner letzten besten Zeit. Sie machen eine gute Acquisition, wenn Sie es kaufen. Ich kann es wohl sagen, da es mich jetzt nichts mehr angeht. Und wenn Sie das Dreifache geben müssen, was der Kerl mir gezahlt hat, es ist nicht zu viel" —
„Das Bild", erwiderte ich, „ist bereits mein Eigenthum".
„Es fiel mir schwer, es herzugeben", sagte der Verwitterte. „Hätte es am liebsten immer vor mir gehabt. Hatte es auch nur für mich gemalt. Aber Du mein Gott! Die Noth ist gebieterisch. Die Noth frägt nicht: willst du, magst du? Sie faßt den Menschen an der Kehle und schwingt den Knüttel über ihn. Sehen Sie sich in diesem Zimmer um, junger Mann. So sieht es bei einem Künstler aus, der nicht der letzte in seiner Zunft war. Und zudem hat er eine Tochter, die in Reichthum und Ueppigkeit lebt. Wenn Sie einmal von einer Gräfin Greifenklau hören" —
„Allerdings kenne ich eine Gräfin Greifenklau — Sophie Greifenklau — wäre sie Ihre Tochter?"
„Ja, so ist es, junger Mann. Gräfin Greifenklau ist eine geborene Sophie Wallburg. Sie könnte aber auch Regan oder Goneril heißen".
Diese Eröffnung des redelustigen Alten, die mich unter anderen Verhältnissen sehr interessirt hätte, ließ mich jetzt ganz kalt, ich fragte:
„Um wieder auf das Bild zu kommen. Es ist mir besonders darum werth, weil ich in demselben das Porträt einer Bekannten zu erkennen glaubte. Gewiß haben Sie es auf einer Reise gemalt, in Kranberg, einem kleinen Gebirgsdorfe —"
„Doch nicht", erwiderte der Untergegangene lebendig. „Das Mädchen lebte hier, in diesem selben Hause, mit ihrer Mutter zusammen".
„Frau Erhardt", sagte ich, jedenfalls die Worte mühsam stammelnd.
„Richtig, so heißt sie", erwiderte der Alte.
„Und — wann waren Mutter und Tochter hier?"
„Wann? Ich denke, es wird drei Wochen her sein, daß sie ausgezogen. Sie wohnten meiner Thür gegenüber, auf demselben Flur. Da mir der Kops des Mädchens so sehr gefiel, bat ich sie, mir zu sitzen. Sie war nur schwer dazu zu bewegen, endlich ist sie mir aus Wunsch der Mutter ein paar Mal gesessen. Das Bild wurde nicht fertig und stand längere Zeit bei mir. Ich wollte es behalten — aber, wie gesagt, kurz nach Auszug der guten
Nord und Süd. XIII, L8. 13