Issue 
(1880) 38
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Alfred Meißner in Bregenz.

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Gönner gefunden zu haben!, Er meldete, daß er der Familie einen Besuch gemacht, konnte mir aber über Tonis Gesundheit nichts Beruhigendes mit­theilen. Er berichtete über Husten, Nachtschweiße, zunehmende Schwäche. Ich konnte nichts thun, als den alten Maler bitten, in seiner Sorge nicht zu erlahmen und für ärztliche Pflege nach Möglichkeit zu sorgen.

Ab und zu trat eine Besserung bei der Kranken ein, die mit wunder­barer Geduld, mit Vertrauen, oft mit Hoffnung den Verordnungen des Arztes folgte. Es kamen Tage, an welchen sie sagte: Ich fühle es, ich werde bald geheilt fein! Auch ich wachte dann aus meiner Trauer auf und knüpfte an die Besserung ihres Zustandes die Hoffnung, sie zu erhalten und schließlich mein zu nennen. Ach, wie trügerisch war das alles! Ein Luftzug konnte sie wieder rückfällig machen und alle Traumbilder wieder ausblasen.

Zu meiner Mutter besserte sich indeß meine Stellung nicht. Ich konnte ihr ihr Vorgehen gegen meine Herzensneigung nicht verzeihen. Dieser leise Tritt, diese Heimlichkeiten, diese Anwendung kleiner feindlicher Mittel schien mir so unwürdig! Mißtrauen riß mehr und mehr ein, Kälte trat an die Stelle der ehemaligen Herzlichkeit und streifte bis an Entfremdung.

Seltsame, anormale Läge! Von meinen Freunden hatte ich mich los­gelöst, von denen, die mir sonst so nahestanden, war ich getrennt, und Freund und Vertrauter war mir jetzt ein Mann geworden, der den Jahren nach mein Großvater hätte fein können. Wie gealtert war ich! Die Freuden und Angelegenheiten meiner Altersgenossen waren für mich nicht mehr vor­handen, dagegen war ich der Pfleger und Versorger Anderer. In solche Lagen bringt uns zuweilen die unerbittliche Logik der Verhältnisse und des Lebens!

Ich sah Toni noch einmal heimlich, mehrere Stunden lang, während mein alter Maler durch allerlei Künste die Mutter vom Hause fernhielt. Je größere Fortschritte ihr körperliches Leiden machte, desto schöner war sie geworden. Eine Helle Verklärung leuchtete aus ihrem überzarten Gesichte, ein neues, mit Worten nicht zu beschreibendes Licht leuchtete aus ihren Augen. Sie war aber auch klüger und anmuthreicher geworden, es war, als ob die Natur, des nahenden Endes gewärtig, noch Alles zusammenfassen und emporheben wolle, was in ihr lag, um in der kurzen Frist, die ihr noch zugemefsen war, die Anmuth späterer Jahre zu zeigen.

Der Winter war langsam dahingegangen, der Frühling kam. Da traf nach längerer Unterbrechung wieder ein Brief des alten Malers ein. Er meldete, daß sich feit einigen Tagen Toni's Zustand bedeutend verschlimmert habe ....

Als ich mich aus dem Zustande dumpfer Verzweiflung, die mich über­kommen, aufraffte, war ich entschlossen, auf der Stelle abzureisen und mich nicht mehr von meiner geliebten Kranken zu trennen.

Welche Fahrt hatte ich! Ein Sturm war über die eben aufgeblühte Frühlingswelt hereingefahren, Schneewirbel sausten über die Felder, das