Heft 
(1880) 38
Seite
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A u n o Fischer in Heidelberg.

Vorspiel auf dem Theater unserer neuen Literatur war zu Ende und der Moment da, wo der Genius der deutschen Poesie empfand, was im Vorspiel zum Faust Goethe zuletzt den Director sagen laßt:Der Worte sind genug gewechselt, laßt mich auch endlich Thaten sehen!"

Der Poet, dem man entgegenharrte, erschien in dem jugendlichen Fr. Gottl. Klopstock; die Thaten, wodurch er die Herzen bezwang, waren die ersten Gesänge seines Messias und seine Oden. Ein ergreifender, geweihter Moment, in dem er auftrat! Seit so langer Zeit war es zum ersten Mal, daß die großen, nie alternden Empfindungen wieder mit deutscher Urgewalt aus der Fülle des Herzens hervorbrachen und mit der Kraft unserer Heldensprache redeten. Um Religion, Natur, Vaterland, Freundschaft und Liebe so zu empfinden, diese Gefühle so auszusprechen, wie Klopstock vermocht hat, dazu gehörte mitten in einer noch gedrückten und beengten Zeit eine bewunderungswürdige Stärke und Erhabenheit der Seele. Diese mächtigen und empfindungsreichen Themata hat Klopstock entfesselt, in seinen Gesängen ausströmen lassen, von ihrer verkümmerten Existenz in elenden Romanen und Reimereien erlöst. Loheusteinsgroßmüthiger Feldherr Arminius oder Hermann mit seiner durchlauchtigsten Thusnelde" und Klopstocks Ode:

Ha! dort kommt er mit Schweiß, mit Nömerblut,

Mit dem Staube der Schlacht bedeckt! so schön war Hermann niemals! So hat's ihm Nie von dem Auge geflammt.

Komm! ich bebe vor Lust! reich mir den Adler Und das triefende Schwert! Komm', athm' und ruh hier Aus in meiner Umarmung Von der zu schrecklichen Schlacht.

Die erhabenen Gefühle, die unsere Seele beflügeln und emportragen, sind einander verwandt, sie sind in keinem Dichter so geschart und durch ihre wechselseitige Anziehungskraft gegenwärtig als in Klopstock; eines ruft gleichsam das andere. Die Freude an einer herrlichen Landschaft weckt in ihm eine Reihe freudiger, erhebender, aufjauchzender Empfindungen, die sich wie im Sturm seines Gemüths bemächtigen; im Anblicke des Züricher Sees fühlt er sich erweitert, fortlebend in der Sympathie der Nachwelt und mitten in dem Jubelgesang seiner Freude au der erhabenen Natur feiert er die Unsterblichkeit menschlicher Größe:

Reizvoll klingt des Ruhms lockender Silberton In das schlagende Herz, und die Unsterblichkeit Ist ein großer Gedanke,

Ist des Schweißes der Edlen Werth.

Diese Unsterblichkeit ist ihm geworden. Wie er in seiner Ode es ersehnt, hat erdurch der Lieder Gewalt" sortgewirkt und istmit der Entzückung Ton oft beim Namen genannt worden". Erinnern wir uns jener schönen Stelle im Briese Werthers, worin er sein erstes Zusammensein mit der Geliebten schildert, den ländlichen Tanz und die Sommernacht nach dem Gewitter.Wir traten an's Fenster. Es donnerte abseitwärts, der