2 j 0 - Uuno ischer in!seidelberg. -
und Bibel entgegengesetzt wurden, so wird jetzt zur Wiedergeburt der deutschen Literatur das griechische und römische Alterthum selbst der ueulateinischen und romanischen Renaissance als Norm und Richtschnur gegenübergestellt. Und da sich die römische Geistesbildung auf die griechische gründet, so soll der deutsche Geist die hellenischen Originalwerke in Kunst und Poesie aus congeniale Art durchdringen, um mit ähnlichen d. h. eigensten Kräften schaffen zu können. Statt der Tradition soll die Quelle, statt der Copie das Urbild, statt der Nachahmung das Original, statt der Schule der Meister gelten. Dem Meister kommt man nur gleich durch eigene Meisterschaft, dem Originale nur dann, wenn man selbst original wird oder ist. Die ganze Weltcultur der Renaissance ist aus dieses Ziel angelegt und sie würde nicht den Namen der humanistischen Erziehung und Bildung verdienen, wenn ihre Früchte nur im Treibhause der Schule gezüchtet und nicht, wie die Werke der Griechen selbst, am Baume des Lebens wachsen und reifen sollten. Aber mit den Mitteln einer ererbten und überlieferten Bildung allein läßt sich dieses Ziel nicht erreichen; es sind unabhängige, nicht durch Vererbung gebundene, sondern freie und eigenartige Naturkräfte des Geistes dazu nöthig: ein Volk, das kraft seiner Sprache und Entwicklung dem römischen Alterthum gegenüber freier und selbständiger bleibt, als die romanischen Nationen, die Erben der lateinischen Sprache und Bildung. Darum waren die germanischen Volker und vor allen das deuts ch e, weil es das mächtigste ist, berufen, jene Weltaufgabe der Renaissance zu lösen: mit dem hellenischen Geist eine eigenartige deutsche, von der lateinischen Tradition unabhängige Verbindung einzugehen und durch eine neue Art der Nachahmung, die aufhört Nachahmung zu sein, die eigene Originalität zu bekräftigen. Dies ist die Nachahmung, die Winckelmanu und Lessing verkündeten, der Weg, den sie brachen und vorangingen, die unvergängliche Geistesthat, die ihren europäischen Ruhm ausmacht. Was Einzelne mit Horaz und Anakreon spielend und tändelnd versucht haben, mit diesen Dichtern wie mit Freunden zu leben: das sollte im Hinblick ans das gestimmte griechische Alterthum, auf die Originalwerke der Hellenen in Kunst und Poesie durch eine tiefe, wahrhaft lebendige und nachschasfende Erkenntnis; derselben erfüllt werden. Gleich im Eingänge seiner ersten Schrift erklärte Winckelmanu: „Der einzige Weg für uns, groß, ja, wenn es möglich ist, unnachahmlich zu werden, ist die Nachahmung der Alten, und was jemand von Homer gesagt, daß derjenige ihn bewundere, der ihn wohl verstehen gelernt, gilt auch von den Kunstwerken der Alten, besonders der Griechen. Man muß mit ihnen, wie mit seinem Freunde bekannt geworden sein, um den Laokoon eben so unnachahmlich als den Homer zu finden. In solcher genauen Bekanntschaft wird man wie Nikomachos von der Helena des Zeuxis urtheilen: „Nimm meine Augen", sagte er zu einem Unwissenden, der das
Bild tadeln wollte, „so wird sie dir eine Göttin erscheinen".
Das Ziel, das wir erreichen sollten, läßt sich mit wenigen Worten auf