Heft 
(1880) 38
Seite
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Karl Stiel er in München.

War ein Kahn gekommen und hatte uns ubergesetzt nach Bartholomä, wo wir im kleinen Jägerstüblein unser Nachtmahl nahmen. Draußen am User lag das Schiff, und als der Vollmond ganz heraufgestiegen über die Watzmannfelsen, da gingen das goldlockige Försterstöchterlein und ihre Gespielin noch hinaus unter die gelbbelaubten Bäume, und Arm in Arm am Ufer wandelnd, fangen die beiden Mägdlein, wie ich nicht wieder in den Bergen singen hörte. Es waren Almenlieder; der ganze übermüthige Frohmuth und die ganze selige Schwermuth, die nur das Volkslied ahnungslos besitzt, klang aus diesen Weisen. Der Watzmann thronte, der Vollmond glomm, der Nacht­wind trug die silbernen Töne van hinnen ich aber höre sie noch heute, sie klingen hinein bis in dies Wintermärchen.

Denn eisig war es nun um uns andere Zeit und andere Menschen!

Durch den hohen User-Schnee kletterten wir hindurch zum Forsthaus, aus dem steinernen Gange hangen die alten Waidmannsbilder und das Conterfei der riesigen Ferchen und Salblinge, die man vor Hunderten Jahren hier gefangen. Uns aber ward im Stüblein, durch dessen Fenster die Sonne glitt, fröhliche Rast. Alle Wände waren geziert mit mächtigen Hirschgeweihen und an ihren Enden hing der grüne Federhut, der breite Ofen sprühte und auf der Bank saßen feiernd einige Holzknechte in jenem cloles kur nisnts, das nur der Arbeiter mit schwieligen Händen kennt. Am Boden aber schnarchte der Dachshund und schnappte träumend in die Luft.

Auch die Fürstenzimmer im ersten Stockwerk sind schlicht und prunklos; waidmännischer Schmuck ist fast ihre einzige Zier. Im Stiegeuhause aber sehen wir das Bild eines Lämmergeiers, der vor 250 Jahren an der Hachl- wand geschossen ward und mit ausgespannten Flügeln sieben Fuß mißt. So kündet es die alte Inschrift.

Trotz der einsamen Winterszeit schien doch die Küche reich gesegnet, denn außer Wildpret und geräuchertem Fleisch waren die Kalter gefüllt mit breiten Rutten und röthlichen Salmonen. Der Saibling des Königsees stellt nämlich eine ganz besondere Art unter seines gleichen dar; der Rücken ist schwarzblau, aber die weichen Theile sind purpurroth und ebenso ist auch das Fleisch, die Flossen dagegen zeigen einen breiten Weißen Rand, daß sie an Farbenpracht beinahe den Schmetterlingen gleichen. Und immer noch, trotzdem die Freunde schelten über diePygmäenhafte Brut" ist die Aus­beute des Sees höchst ergiebig, sie zählt nach Tausenden, und Exemplare mit 7, 10 und 15 Pfund zappeln fast jede Woche im Netz. Ja, eine Lachsforelle, die 1865 gefangen ward, wog mehr als einen halben Centner. Daneben wird aber selbst die künstliche Fischzucht gepflegt, die mit Umsicht den alten Reichthum vermehrt. Tausende von goldhellen Eiern liegen in den Reservoirs und werden etwa 6 Wochen nachdem sie ausgeschlüpft, wieder in den See gesetzt!

O wüßtest du, wie's Fischlein ist

So wohlig auf dem Grund!