Issue 
(1880) 38
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- Die xergamenischen Funde. - 2d

rühmt, wie steigt da die Bewunderung bei diesem pergamenischen Friese, wo ein ähnliches Thema in unendlich reicheren, immer neuen und überraschenden Motiven sich abwickelt! Und auch darin endlich muß man dem Meister von Pergamon eine hervorragende Stellung einräumen, daß er sich in der Be­wältigung einer so bedeutenden Ausgabe stets in hoher Freiheit als Componift großen Stiles bewährt. Denn das erhellt schon zur Genüge aus dem Vor­handenen: mau beachte nur, welch rhythmischer Schwung, welch wohl­berechnetes Gegenstreben, welche Benutzung von Contrasten aller Art sich durchgängig geltend macht. Schon die Vergleichung der beiden Hauptfiguren des Zeus und der Athena giebt dafür einen glänzenden Beweis; denn sie entsprechen einander in der Gesammtmasse, sind aber so verschiedenartig aufgebaut und entwickelt, daß sie durch diese Mannigfaltigkeit, die zugleich für die beiden Göttercharaktere so bezeichnend und keineswegs blos so oben­hin aus malerischen Gesichtspunkten geschöpft ist, Auge und Sinn ent­zücken. Mit einem Wort also: von welcher Seite man diese wundervollen Werke betrachten mag, sie gehören ohne Frage zu dem Herrlichsten, was die Antike uns hinterlassen hat.

Und doch ist dieser eine Fries, den wir bisher erörterten, nur ein Theil, wenn auch der wichtigste, dieser erstaunlich reichen Ausstattung. Von jenem zweiten, nur etwa halb so hohen Friese, der ohne Zweifel die innere Decoration der oberen attikenartigen Halle gebildet hat, sind ebenfalls zahl­reiche Bruchstücke erhalten. Da dieselben noch halbverpackt in den Kisten

dastehen, so lassen sie eine eingehendere Prüfung für's Erste nicht zu. Man hat aber mehrere Scenen aus der Sage des Telephos, des mythischen Stammvaters der Pergamener, erkannt und wird daher anch bei weiterer Forschung Gegenstände ähnlicher Sagenkreise Nachweisen können. Diese kleineren Werke, ebenfalls in einem fein durchgebildeten Marmorstil behandelt, weich fließend in den Gewändern, ruhig iir^der Gesammthaltung, erscheinen gegenüber der gewaltigen Dramatik des Gigantomachie-Epos wie Schöpfungen einer idyllisch-lyrischen Poesie. Es muß auch hier wieder hervorgehoben werden, daß alle diese für die Ausschmückung eines Prachtbaues bestimmten Werke keineswegs oberflächlich decorativ, wie z. B. die Sculpturen an den Säulen­schäften des Artemisions zu Ephesos oder selbst zum Theil die Friese des Mansoleions, sondern in ähnlicher Sorgfalt der Durchführung behandelt sind wie der große Fries. Dasselbe gilt von den architektonischen Theilen des Baues, besonders von den Säulen dieser oberen Halle, welche in feinen Varianten den ionischen Stil Kleinasiens in besonders eleganter Auffassung darstellen. Von diesen Partien ist so viel aufgefunden worden, daß die Architekten drei vollständige Jntercolumnien wieder aufrichten und dem Museum einverleiben können. Endlich sind auch zahlreiche von den überlebens­großen, meist weiblichen Gestalten vorhanden, welche wahrscheinlich die obere Plattform schmückten. Es sind Gewandfiguren von besonders weicher Be­handlung und einer Feinheit der Faltenmotive, die auch ihnen eine selbständige

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