Issue 
(1880) 38
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Die Kinder des Ostens.

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Doch hütete er sich, sein wahres Gesicht zu zeigen. Er wußte im Gegentheile des Vetters Gunst in höherem Maße zu erwerben als bisher und ihn in dem Glauben zu bestärken, daß sich Keiner dessen Glückes auf­richtiger freue; daß nichts natürlicher gewesen sei, als einem Nebenbuhler weichen zu müssen, dessen Werbung auszuschlagen, keine Familie des Landes gewagt haben würde. Gleichzeitig unterließ er nicht, zu betheuern, wie tief ihn der Schmerz, Irenen entsagen zu müssen, in's Leben traf. Wohl hoffe er, es werde sich diese des ihr widerfahrenen Glückes stets würdig zeigen und ihn das schmerzliche Opfer des seinen nicht bereuen lassen.

So sprach er sich zu dem Grafen aus, und indem er dessen Eitelkeit schmeichelte, erregte er Theilnahme und Vertrauen.

Er war es, dem der Graf nach dreijähriger Ehe das tiefe Aergerniß mittheilte, welches fehlgefchlagene Hoffnungen ihm verursachten; er war es, der die tollen Zechgelage wieder in Schwung brachte, um den armen Vetter seiner Tiefsinnigkeit zu entreißen, so daß der stolze Okany, durch dessen Anwesenheit sich alle hochgeehrt fühlten, endlich überall zu finden war, wo die wüste Sippe ihr Unwesen trieb. Mit dem Ansfalle gegen Daniel und Irene hatte sich Läzar nun gründlich verrechnet. Okanys stolzer und doch auch argloser Siun wies jede noch so geschickt geplante Verdächtigung zurück. Er antwortete mit Spott und Hohn und ließ, wie der Vorgang in jener Gesellschaft bewies, Läzstr beschämt wie einen Knaben unter aller Augen das Opfer seines Witzes werden.

Mehr als das wurmte Letzteren die überraschende Kunde von Irenens Erwartung und des Grafen tugendhafter Anwandlung, aus dem mit einem Male ein sorgsamer Gatte geworden war. Daß die Gräfin ihn seit dem Abende verabscheuen, daß ihr Einfluß den letzten Rest von Gunst in Okanys Herzen vernichten würde, dünkte ihm unzweifelhaft.

Arme Irene! Sie dachte an das Wesen, das sie unter dem Herzen trug, und an die schönen, immer seltener werdenden Stunden, die sie mit Daniel verlebt hatte. An nichts sonst.

Lazär aber sann auf rasche und wirksame Vergeltung.

Mitten unter Okanys Feldern lag ein schönes Stück Waldes, welches Läzär gehörte. Den Grafen hatte dieser fremde Fleck Erde mitten in seinem Eigenthume längst verdrossen. Zu wiederholten Malen war er in den Vetter gedrungen, daß er ihm den Grund käuflich überließe. Doch LLzär begehrte ein gar schweres Stück Geld, und sie konnten nicht handelseins werden. So stand die Sache, ehe Okanys Wahl auf Irenen fiel.Sonderbar", dachte LäzLr damals, da er allen Grund hatte, sich als des kinderlosen Grafen nächster Verwandte und als letzter Okany für dessen Erben zu halten, dem die den Wald umgrenzenden Grundstücke zufielen,sonderbar, daß sich der Vetter so hartnäckig auf den Besitz des Waldes steifte!". Der sonst

Nord und Süd. XIII, 38.

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