Issue 
(1880) 38
Page
274
Turn right 90°Turn left 90°
  
  
  
  
  
 
Download single image

2?^ -' Rudolph, Für st z u Liechtenstein.-

thue auch ich; denn sanfter als die Qual der Schande, wühlt eine Kugel in dem Herzen der Menschen. Den ihr den stolzen Okany nanntet

seht stumm und demüthig in seinem Blute liegen und sagt Euch er war sein Richter.

Wenn auch sie, die rein und herrlich ist wie kein anderes Weib der Welt, vergeben hätte; die Liebe wäre ihr doch nicht in's Herz zurück- gekehrt. Denn wie konnte sie, die wahr ist wie das Licht der Sonne, sich selbst belügen? Zerbrecht Euch darüber nicht den Kopf. Es ist zu spat.

Den Todten redet man nichts mehr ein, und so habe ich es auch mit mir selbst gehalten in der letzten Stunde, da ich zum Bilde meines Weibes betete.

Ihr aber, der Gräfin Irene von Okany, die ich, kraft meines letzten Willens zur unumschränkten Herrin über Alles einsetze, was mein Eigenthum war, sei es liegend oder beweglich sollt' Ihr Liebe, Treue und Ehr­furcht erweisen.

Hört und beherziget die Bitte des todten Okany, wenn Ihr wollt, daß sein Geist in Ruhe wandelnd, Euch grüßen soll aus fernem Lande. Weh' dem, der ihr ein Haar krümmt. Er sei verflucht! Amen".

In einer besonderen Bestimmung verfügte der Gras, daß seine Leiche in jenes Waldes Mitte bestattet werde, aus dem ihm sein gräßliches Ende erwuchs.

Unter dieser Bedingung vermachte er dem Vetter LLzLr das verhängniß- volle Grundstück als Legat.

LazLr und Okanys Diener hatten das Testament als Zeugen unterfertigt.

Als die Verkündigung zu Ende war und sich Aller Blicke auf das Sterbelager richteten, schien die eintretende Stille Okanys Lebensgeister noch einmal aus dem beginnenden Todesschlafe zu wecken. Er schlug das Auge ans, und die Strahlen seiner sinkenden Sonne schwammen in dem jungen Lichte, welches unter der zarten Stirne seines Kindes aufging. Eine Thräne erglänzte, und die Sonne erlosch.

* -p

Die Ordnung der geschäftlichen Angelegenheiten nach des Grafen Tode war so weit gediehen, daß Daniel, der gekommen war, um ihrer mit Treue und Umsicht zu walten, sich für entbehrlich halten konnte. Sein Gemüths- zustand, verbunden mit Gründen, die in den äußeren Verhältnissen lagen, drängte ihn zu baldiger Entfernung. Diesmal war er entschlossen, eine lange und ausgiebige Heilmethode zu versuchen. Eine Natur, wie die seine, liebte nur einmal. Was konnte es helfen?!

So theilte er denn eines Tages Irenen mit, daß er eine Reise nach Afrika unternehmen werde.

Sie schien sehr betroffen, doch war sie nicht gewöhnt, Daniel zu wider­sprechen. Sie erwiderte:Darauf freilich, waren wir nicht gefaßt. Nicht