2?6 Rudolxh, Fürst zu Liechtenstein. -
Und so kam auch Alles, wie es unter ihnen besprochen worden war. Daniel segelte nach Afrika.
Die beiden Frauen verweilten bis zu dem Ende der Trauerzeit in der Heimath; dann machten auch sie sich reisefertig und wanderten dem schönen Süden zu.
Ihre Eindrücke gingen ungestört nebeneinander; jede sah mit ihren Augen, und in der Gesammtheit der Empfindungen begegneten sie sich wieder. — Wie freute sich Irene, nach der Rückkehr die neue Wohnung, die ihrer in der Residenzstadt wartete, mit all' dem Schmucke zu versehen, den sie in Gegenständen mannigfacher Art im Lande der Erinnerungen aufgesammelt hatte.
Als ihnen Kunde ward vom Blüthenslor der Bäume, der, von des Frühlings Zauberstab berührt, erwachte, da beschlossen sie, die Heimkehr anzutreten.
Wer schiede gern von Italien! Sie hatten dort die Herbst- und
Winterzeit verbracht, und wie der Bäume Kronen sich mit weiser Liebe gegen die Sonne Hinneigen, so zogen sie, das Land von Nord gegen Süd durchstreifend, den wärmsten Strahlen des Taggestirnes nach. Doch in den ersten Tagen des Maies, wann sich der junge Wald des neuen Kleides freut und die grünen Blätter im Uebermuthe ihrer Wiedergeburt mit Wind und Frühlings-Regenschauern spielen, da standen sie an ihres Hauses Schwelle.
Jetzt ging das Ordnen und das Walten an im neuen Hause. Das war ein Feld für Irenens künstlerisches Auge.
Der jugendfrische Sinn der Gräfin hatte sich von der düsteren Macht der Erinnerungen rasch befreit, und, voll von dem, was sie gesehen und bildend sich erworben, erprobte sie sogleich an Allem, was sie schuf, den Einfluß dessen, was veredelnd sie berührt hatte. Rastlos bestrebt, das Beste. Schönste zu erreichen, stürzte sich ihr Geist in des Schaffens Lust.
Die reiche Erbschaft hatte sie zu einer völlig unabhängigen Frau gemacht; sich des Lebens fernere Bestimmung selbst zu geben, war ihrer freien Wahl anheimgestellt. Die Gunst innerer Anlagen und äußerer Verhältnisse verhieß ihrem Haupte die Krone des Glückes. Es fehlte nur ein Edelstein — die Liebe in ihrem Herzen. —
Das mit Ökanh vermählte Kind kannte Liebe nicht und lernte sie nicht kennen. So blieb die Leidenschaft ihr fremd. Sie wußte so wenig, was Lüge ist, daß sie an das, was Tugend sei, nicht dachte, sondern sie übte, weil sie mit ihr geboren war, wie mit ihren beiden Augen. So wachte ihr Herz am Morgen mit sanftem Schlage auf und ging des Nachts ebenso zur Ruhe. Nur in den: jungen Geiste dämmerte ein Glühen, das eine ungestillte Sehnsucht in ihm nährte, des Lebens höchste Blütchen zu erkennen, zu schauen und zu pflücken. —
Da flammt ein Meteor in ihrem stillen Abendhimmel auf und brachte, die Gluth in Licht verwandelnd, des Tages goldene Helle über Sie. — Das war Daniel! Wie einer Gottheit strahlte sein Antlitz; sein Blick ent-